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Sport

»RB ist mir sportlich komplett wurscht«

Philipp Köster, Chefredakteur des Magazins 11 Freunde, über Fankultur und seine Kritik am »Retortenklub«

  »RB ist mir sportlich komplett wurscht« | Philipp Köster, Chefredakteur des Magazins 11 Freunde, über Fankultur und seine Kritik am »Retortenklub«

Plastik, Bluff, Farce: Der Chefredakteur der 11 Freunde, Philipp Köster, findet in der Märzausgabe des Fußballmagazins viele Worte, um seine Vorbehalte gegen RB Leipzig auszudrücken. Er kritisiert die undemokratischen Vereinsstrukturen, die nicht erwünschte Mitbestimmung der Fans und das erzkapitalistische Geschäftsmodell des österreichischen Brauseherstellers. »Für die Fußballkultur ist der Klub eine schallende Ohrfeige«, schreibt Köster. Im Interview spricht der 41-Jährige über seine Abneigung gegen den umstrittenen Drittligisten und die Reaktionen auf seinen Rundumschlag.

kreuzer: Gibt es irgendein denkbares Szenario, das RB Leipzig für Sie in Zukunft sympathisch machen könnte?

PHILIPP KÖSTER: Nein, aber das muss ja auch nicht sein. Der Verein ist auf meine Sympathie ganz sicher nicht angewiesen.

kreuzer: Was machen Sie an dem Abend, an dem RB Leipzig den Zweitliga-Aufstieg sicher hat?

KÖSTER: Für mich steht der Aufstieg von RB Leipzig ohnehin schon fest. Und sportlich ist das sicher verdient. Was nichts daran ändert, dass ich Modelle wie das in Leipzig für bedenklich halte. Fakt ist: Red Bull geht es ausschließlich darum, mehr Dosen zu verkaufen. Wer nach Österreich blickt, wo mit Austria Salzburg (heute: Red Bull Salzburg, d. Red.) ein ganzer Klub plattgemacht wurde, weiß, wie diese Firma zum Thema Fußballkultur steht. Wer das achselzuckend in Kauf nimmt, kann das gerne tun.

kreuzer: Wie würden Sie RB in drei Adjektiven beschreiben?

KÖSTER: Erfolgreich, ehrgeizig, erzkapitalistisch.

kreuzer: Wer besitzt die Deutungshoheit darüber, was eine gute und was schlechte Fankultur ausmacht?

KÖSTER: Niemand. Nicht ich, nicht die Ultras – auch wenn gerne so getan wird, als werde irgendjemand gezwungen, meine Vorstellungen von Fankultur gut zu finden. Ich denke aber, dass ich in einem Magazin für Fußballkultur über die Bedingungen ebendieser Kultur schreiben und mich fragen kann, wie man mit Leib und Seele RB-Fan sein kann – mit dem Wissen, Teil einer Marketingstrategie vom Reißbrett zu sein. Darauf hat mir bei allem Gepolter nach meinem Beitrag bislang niemand eine befriedigende Antwort gegeben.

kreuzer: Kritiker monieren auch die Bebilderung des Beitrags. Diese sei ein Stück weit manipulierend, da fast immer komplett leere Ränge in der Red Bull Arena zu sehen sind.

KÖSTER: Was nur zeigt, dass diese Kritiker das Stück nicht gelesen haben. Drei große Bilder gibt es. Eines zeigt den vollen Fanblock, eines das Maskottchen, eines eine Spielszene vor der leeren Gegengerade. Zwei der kleineren Bilder zeigen Fans hinter den Tribünen. Im Übrigen macht keine Photoshop-Hexerei aus 7.000 Zuschauern ein volles Stadion.

kreuzer: Gab es Reaktionen vom Verein oder aus der österreichischen Firmenzentrale auf den Text?

KÖSTER: Das weiß ich nicht. Aber ich kann mir vorstellen, dass auch Nörgler wie ich zum Konzept gehören.

kreuzer: Der von Ihnen als vor RB »buckelnd« kritisierte Sportjournalist Guido Schäfer zitierte in der LVZ weitgehend unkommentiert aus Ihrem Text und unterschrieb ihn ironisch mit »Guido Schäfer, buckelnd«. Würden Sie mit Schäfer ein Bier trinken gehen?

KÖSTER: Selbstredend. Schäfer hat von allen Diskutanten die Angelegenheit am humorvollsten aufgenommen. Außerdem kann man ja unterschiedlicher Ansicht sein, ohne dass man sich gleich spinnefeind ist.

kreuzer: Warum sind Sie so sicher, dass der Verein trotz der Kritik der DFL an den Vereinsstrukturen die Lizenz im Falle des Aufstieges bekommen wird?

KÖSTER: Dass RB kein Interesse an fußballkulturellen Aspekten hat, bedeutet ja nicht automatisch, dass die Statuten der Verbände verletzt werden. Da hat sich, auch weil die Paragrafen entweder unscharf formuliert oder lax ausgelegt wurden, RB Leipzig eine ganz bequeme Nische gesucht.

kreuzer: Teilen Sie die Prognose der Sportbild-Leser, dass die Leipziger in den kommenden Jahren eher Meister werden könnten als Leverkusen oder Wolfsburg?

KÖSTER: Das ist ja eine Quatsch-Prognose. Niemand weiß, wie sich die drei Klubs in den nächsten Jahren entwickeln werden.

kreuzer: 34. Spieltag der Saison 2020, Bayern München, immer noch mit Abstand Ligakrösus (inzwischen Meister, Anm. der Red.), und RB Leipzig stehen punktgleich an der Spitze der Tabelle. Leipzig könnte seinen ersten Meistertitel holen. Wem halten Sie die Daumen?

KÖSTER: Keinem von beiden. Der FC Bayern und RB Leipzig sind mir beide sportlich komplett wurscht. Ich drück nur meinem Heimatverein Arminia Bielefeld die Daumen.


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