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Stadtleben

Nachhaltigkeit in die Köpfe pflanzen

Nicht alle Gemeinschaftsgärten gehen mit voller Blüte in die Gartensaison

  Nachhaltigkeit in die Köpfe pflanzen | Nicht alle Gemeinschaftsgärten gehen mit voller Blüte in die Gartensaison

Ab Mai startet der Gemeinschaftsgarten Annalinde mit einem zusätzlichen Bildungs- und Workshop-Programm. Und das bei gleichbleibend großer Fläche. Doch was die einen säen, kann morgen schon von anderen entwurzelt und platt gewalzt werden. Um ihr akutes Fortbestehen bangt derzeit ein anderer Garten.

Forsythien blühen, die Johannisbeere trägt bereits grüne Früchte und sogar eine erste Blüte zeigt sich an der Erdbeerpflanze im offenen Gemeinschaftsgarten Annalinde. Nele Moor freut sich über den eingezogenen Frühling und steckt sich frische Blätter Petersilie in den Mund. Vor einem Jahr zog sie aus Estland nach Leipzig, um ein Praktikum im Plagwitzer Gemeinschaftsgarten zu absolvieren. Ihren grünen Daumen hatte sie als Kind von ihrer Großmutter erhalten und erst so richtig hier in der Annalinde wiederentdeckt. »Mir war nicht bewusst, wie viel ich überhaupt über Pflanzen weiß«, lacht sie. Ihr Wissen will sie im Garten mit anderen teilen. Es ist der zweite Gartenarbeitstag der Saison und es tummeln sich bereits die ersten Kinder und Erwachsenen, um sich mit Unkrautzupfen und Pflanzengießen nützlich zu machen. Für viele Leipziger ist der Garten längst ein Ort der grünen Schule geworden und das möchte Moor zusammen mit weiteren Freiwilligen mit der »Annalinde-Akademie« erweitern. Vom urbanen Gärtnern soll es ab Mai einen Schritt weitergehen. Einmal im Monat gibt es Vorträge und Workshops zu Themen der ökonomischen Zukunftsgestaltung der Stadt. Dazu erklären Wissenschaftler beispielsweise, wie ökologisches Handeln psychologisch zu begründen ist, oder Produktdesigner zeigen, wie biologisch abbaubare Materialien auf kreativem Weg zurück in den Verwertungskreislauf gelangen. Fragen, wie sich eine Gemeinde weitgehend unabhängig vom großen Energienetzwerk machen kann, sollen auch diskutiert werden.

Auch wenn der Name Anderes verkünden mag: Die Veranstaltungsreihe soll keineswegs ein rein akademisches Publikum anziehen. Im Gegenteil: Alt und Jung sollen mit ihren Erfahrungen und Neugier zusammenkommen und sich austauschen. Einen »Spielplatz für städtische Nachhaltigkeit« nennt Moor das Ziel. Wie weit auf der Pachtfläche in die Zukunft gesät werden darf, zeigt die derzeitige rechtliche Situation. Das Grünflächenamt und Annalinde haben im April für den größten Teil des Gartens – etwa 1.400 Quadratmeter – einen Dreijahresvertrag ausgehandelt. Nicht miteinbezogen ist die 500-Quadatmeter-Fläche, auf der sich ein Schuppen und eine Betonfläche samt Treppenaufgang des ehemaligen Victor Jara Gewölbekellers befinden. Diese Fläche wird bei einem Verkauf des Felsenkellers beschnitten. Vor weit größeren Herausforderungen und weniger idyllischen Aussichten steht aktuell der Nachbarschaftsgarten in Lindenau. Dort bedrängen langsam, aber sicher Einfamilienhäuser-Pläne die gemeinschaftlich genutzte Gartenfläche. Kompromisslösungen stehen jedoch noch aus.


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