Etwa 1500 Menschen gehen ein drittes Mal für Legida auf die Straße. Die Gegenproteste sind bunt und zahlreich. Doch die Polizei geht rabiat dagegen vor.
Die Helden des Abends stehen an der Straßenbahnhaltestelle Augustusplatz und halten ein Schild in die Höhe: »Super Heroes Against Racist Patriots«. Ein paar Meter weiter stehen die Apfelfront und Die Partei und brüllen »Vor-Haut ab« gen Augustusplatz. Dort haben sich etwa 1600 Legida-Anhänger (die Zahlen stammen diesmal nicht von der Polizei, sollten also stimmen) versammelt und müssen hören, was »Manfred aus dem Mansfelder Land«, wie er auf der Bühne angekündigt wird, zu sagen hat. Und das ist ziemlich viel und ziemlich wirr. Es fängt mit den Zuständen in Berlin-Neukölln und endet damit, dass man durchaus mit der Presse reden sollte. Das sehen seine Zuhörer anders. Altbekannte »Lügenpresse«-Rufe erschallen aus tiefen, wütenden Stimmen.
Die meisten Legida-Anhänger sind radikaler als der Mansfelder Manfred, gehören der Neonazis- und Hools-Szene an. »Naziaufmarsch 2.0« nennt es der sachsen-anhaltische Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel. Im Vergleich zur ersten Legida-Demo vor knapp drei Wochen hat sich die Bewegung weiter radikalisiert. Es ist nicht das »Volk«, das sich hier versammelt, sondern bekannte Neonazis. Doch auch wenn ein Großteil der Legida-Anhänger gar nicht aus Leipzig, sondern mit der Bahn aus dem Umland oder Dresden kommt, hat die abgesagte Pegida-Demo in Dresden nicht dazu geführt, dass deren Anhänger in Scharen aus der Landeshauptstadt hier aufmarschieren. Ein Redner erzählt von der »psychisch kranken Antifa«, ein anderer lobt Ministerpräsident Stanislaw Tillich und seine Aussage, dass der Islam nicht zu Sachsen gehöre. Burkhard Jung solle dagegen weg, wird skandiert.
Dass die Veranstaltung diesmal von Montag und Mittwoch auf den Tag von Hitlers Machtübergabe, den 30.1., verlegt wurde (laut Infos eines Stadtratsmitglied gab es auch eine Anmeldung für 19.33 Uhr), führt zu seltsamen Szenen, in denen sich Gewandhaus-und Opernbesucher zwischen Legionellen und Polizei-Wagen zur kulturellen Freitagabendgestaltung durchkämpfen müssen, um dann dort in Festtagskleidung erstaunt aus den Fenstern schauen.
Sie sehen vor allem Polizeiwagen. Die Polizei zeigt starke Präsenz an dem Abend, ist mit 20 Hundertschaften, mit Pferden und Hunden vor Ort und geht teilweise rabiat gegen Gegendemonstranten vor, die den Zugang zur Legida-Demo blockieren wollen. »Die Polizei hat ohne jedes Maß agiert«, kritisiert das Bündnis Leipzig nimmt Platz. »Die an dieser Stelle eingesetzten sächsischen Beamten haben gegen die in der Goethestraße friedlich demonstrierenden Menschen vollkommen unverhältnismäßige Mittel eingesetzt. Anstatt zu kommunizieren wurde geschrien, gedroht und Gewalt eingesetzt.« Die Polizei beschreibt die Situation als insgesamt sehr angespannt und aggressiv: »Während sich unter den Legida-Teilnehmern offenkundig zahlreiche Personen der Fußballszene befanden und Bestrebungen zeigten, gegenüber Gegendemonstranten gewalttätig zu werden, machten auch Teile der Gegendemonstranten keinen Hehl daraus, ebenfalls eine körperliche Auseinandersetzung zu suchen«, heißt es im Bericht er Polizei. »Dies scheiterte allein aufgrund des konsequenten Handelns der Einsatzkräfte, der Trennung beider Lager und der polizeilichen Begleitung der Legida-Teilnehmer bis in das Hauptbahnhofsgebäude.« 17 Personen werden in Gewahrsam genommen. Nach Augenzeugenberichten soll mindestens ein Journalist in dieser Situation auf Grundlage falscher Beschuldigungen von Polizisten bedroht und geschlagen worden sein.
Größtenteils bleiben die Proteste aber friedlich. Neben den witzigen Aktionen von Superhelden und Apfelfront verteilen sich die Gegendemonstranten auf den Platz vor der Hauptpost, die Grimmaische Straße, Hauptbahnhof und andere Anlaufpunkte in der Innenstadt. Es ist von etwa 5000 Gegendemonstranten die Rede, wobei die Teilnehmerzahl wegen der verschiedenen Sammelpunkte schwer zu ermitteln ist. Ein großes Familien-Event wie bei der ersten Legida-Demo, wo etwa 35000 Menschen auf die Straße gingen, ist es nicht mehr. Es läuft eher auf die klassische Kombination Neonazis gegen Antifa und Bündnisse wie Refugees Welcome und Leipzig nimmt Platz heraus. Deren Macher erklären auch: »Gestern wurde in Leipzig das Ende des medial aufgeblasenen Ablegers der mittlerweile tief gespaltenen Pegida markiert.«
Auf dem Augustusplatz wird zum Schluss die Nationalhymne playback eingespielt. Da gab es früher Text- und Melodieschwierigkeiten.