Bei der Global Space Odyssey (GSO) ziehen einmal im Jahr DJs auf Wagen durch die Stadt. Warum diese Karawane, die jetzt am Samstag durch Leipzig tanzt, nicht einfach nur eine Partykarawane ist, erklären zwei Mitveranstalter der GSO.
kreuzer: Das Motto der diesjährigen Global Space Odyssey (GSO) lautet »Bleiberecht für Stadt«.
Frederik S.: Damit wollen wir eine Brücke schlagen zur »Refugees Welcome«-Thematik vom letzten Mal.
Dora B.: Dass man damit die Forderungen der linken Szene »Stadt für alle« und »Bleiberecht für alle« assoziiert, ist gewollt.
kreuzer: Ist die GSO eine explizit linke Demonstration?
S.: So würde ich das nicht ausdrücken. Die GSO versteht sich als kulturpolitische Demonstration. Bei Themen wie »Refugees Welcome« ist es logisch, dass man sich links positioniert. Das stört uns natürlich nicht – ganz im Gegenteil. Das zeigte auch unsere Nolegida-Demonstration, bei der wir natürlich gegen etwas demonstrieren.
B.: … gegen einen rassistischen Aufmarsch. Wenn die GSO den Anspruch hat, politischer zu werden, bedeutet das eher linkspolitisch.
kreuzer: Wann kam der Anspruch, politischer zu werden?
S.: Wir hatten vor zwei Jahren die größte Teilnehmerzahl bei einer GSO, die aber mehr zu einer Feier, die durch die Straße zieht, tendierte als dazu, inhaltlich etwas zu vermitteln. So wollten wir nicht weitermachen. Daher haben wir letztes Jahr nicht nur eine Demonstration gemacht, sondern auch mit Institutionen zusammengearbeitet, die näher an dem Thema Flüchtlinge dran sind. Jetzt arbeiten wir mit der Initiative »Stadt für alle« zusammen.
B.: Die GSO erreicht ein breites Feld an jungen Menschen, die vielleicht politisch interessiert sind, aber keinen Zugang haben. Und diese Brücke will die GSO bauen. Also draußen Spaß haben, aber auch Infos und Anregung geben.
kreuzer: Wie war die Reaktion auf diese Politisierung?
S.: Die Medien gaben uns bis vor zwei Jahren den Stempel einer Hanfparade, als die die GSO ja auch gestartet ist. Das hat sich letztes Jahr gebessert, die Antwort der Medien war weitaus inhaltlicher. Wir gehen davon aus, dass das so auch von denen, die bei der GSO mitgemacht haben, aufgenommen wurde.
kreuzer: Dieses Jahr geht es um Gentrifizierung und teurere Mieten. Das Thema hattet ihr auch schon vor einigen Jahren.
S.: Ja, aber ich würde behaupten, dass wir es dieses Jahr intensiver und konkreter machen. Gentrifizierung ist nur ein Teilaspekt, letztendlich ist es eine Warnung vor einer zu schnellen Stadtentwicklung, bei der Leute auf der Strecke bleiben. Sieht man Wohnraum als Profit-Markt oder als ein Recht für jedermann?
B.: Das Thema hat jetzt eine besondere Brisanz, weil sich die Stadt anlässlich der 1.000-Jahr-Feier so grenzenlos selbst feiert. Wir wollen den Fokus darauf legen, dass die Mehrzahl der Menschen, die hier lebt, nicht davon profitiert, dass Leipzig so schnell wächst. Dass sie keinen bezahlbaren Wohnraum oder kreativen Raum mehr finden. Also alles, was die Stadt einmal ausgemacht hat oder wieso Leute hergekommen sind.
kreuzer: Die »Parade der Unsichtbaren« hatte einen ähnlichen Ansatz. Hängt ihr zusammen?
B.: Das überschneidet sich teilweise von den Freundeskreisen her.
S.: Wir sind nicht per se gegen die Veränderung einer Stadt. Aber es ist wichtig, dass die Entwicklung mit Vorsicht gestaltet wird. Und so, dass alle, die Wohnraum suchen, Nutzen davon tragen – oder zumindest keinen Schaden.
kreuzer: Was sind eure konkreten Ziele? Oder wollt ihr nur zeigen, dass nicht alles so toll ist?
B.: Wir wollen – auch mit dem Begleitheft – Menschen dazu bewegen, nicht nur zu schauen, wie es ihnen selbst hier in der Stadt geht, sondern wie die Stadt auf andere wirkt. Es kommen Menschen her, die das Ganze mit ihrem Geld aufwerten, aber die Stadt nicht mitgestalten. Wohnraum ist Ware. Das ist der Lauf der Dinge, aber den muss man ja nicht unterstützen.
S.: Ich kreide der Stadt den massiven Verkauf von sozialem Wohnungsbau an, also von LWB-Häusern. Dieser Fehler wirkt auf Menschen nach, die gerne hier wohnen würden, aber nicht viel Kapital mit sich bringen. Das kann man jetzt nicht mehr ändern, aber vielleicht kann man sich durch den Profit, der in die Stadt kommt, wieder auf sozialen Wohnungsbau konzentrieren.
B.: Ein Ziel ist auch, dass Leute sich zusammentun – mit den Bewohnern im eigenen Haus oder anderen Interessierten. Damit sie nicht dem Willen von denen ausgeliefert sind, die ihr Wohnhaus aufkaufen. Das sehen ja viele als übergeordnete Macht, als den Kapitalismus, gegen den man nichts tun kann. Aber wir wollen zeigen, dass wir die Menschen sind, die in dieser Stadt leben und sie aktiv mitgestalten.
kreuzer: Inwiefern spiegelt sich diese Botschaft auf den Wagen mit den DJs wider?
S.: Da lassen wir uns auch überraschen. Das ist freigestellt. Wir geben das Thema vor, aber letztendlich sind ja auch die Clubs von dieser Entwicklung betroffen.
kreuzer: Tanzen ist erst mal nicht politisch. Wie spielt die Musik da die entscheidende Rolle?
S.: Das war immer der Knackpunkt, diese beiden Dinge zu verbinden. Die Musik mobilisiert die Leute. Würden wir das gleiche Thema ohne Musik machen, würden weniger Leute kommen. Es sollen nicht nur Inhalte rübergebracht werden, sondern die Menschen sollen einen schönen Tag haben.
B.: Die GSO ist eine schöne Abwechslung zu anderen Demos. Es ist Sommer, auf der Straße zu sein ist schön, mit anderen Menschen zu sein ist schön und gute Musik ist schön. Und wenn man dabei unterschwellig ein politisches Statement mittragen kann, macht uns das glücklich.