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Stadtleben

Editorial 11/22

  Editorial 11/22 |

»Seit wann heißt rotsehen stehen bleiben?«
– Hans Unstern, am 4. u. 5.11. in der Residenz auf der Spinnerei

Am 10. November spielen Ezra Furman (Transcentury Update im UT Connewitz), Blond (Conne Island) und Jacques Palmingers Kings of Dubrock (Ilses Erika) gleichzeitig in unserem kleinen Dorf. Das klingt zunächst luxuriös, fast ein bisschen nach cooler Großstadt. Dann klingt es aber auch sehr ärgerlich, weil da ja leider nach wie vor diese Sache mit dem eigenen Körper ist, an den man zu Lebzeiten gebunden ist und der immer nur an einem Ort sein kann. Und dann klingt es wieder luxuriös. Denn drei hochkarätige Konzerte (wer unbedingt möchte, kann Bap im Haus Auensee gern als Nummer vier zählen) zur selben Zeit im selben Ort, die Qual der Wahl also – wer weiß, ob und wann es das das nächste Mal geben wird. Es läuft nämlich nicht in der Branche, was man im Publikum merkt und auch hört, wenn man mal hinter den Kulissen nachfragt.

Genau das haben wir für die Titelgeschichte dieses Heftes getan – und zwar nicht »nur« bei den hiesigen Konzertveranstaltern in Pop, Jazz und Klassik, sondern natürlich auch in den Kinos, Theatern, Museen, Literaturorten dieser Stadt. Weit über 30 Stimmen haben wir dazu eingeholt, und was sollen wir sagen? Es macht uns das Gehörte nicht nur als musik-, film-, theater-, literatur- und kunstbegeisterte Privatmenschen und Berufsjugendliche Sorgen, sondern natürlich auch als kreuzer an sich. Denn klar, wir sind zum Glück und mit voller Absicht nicht eins dieser Monatsheftchen, die ausschließlich Veranstaltungen ankündigen (und bewerben), nein, wir gehen, wie Sie wissen, auch in der einheimischen Politiklandschaft wandern und schauen, wo die schönen Blumen und wo die giftigen Pilze stehen. Aber wenn die Kulturstadt Leipzig den Bach runtergeht (hihihi), dann sitzt auch der kreuzer auf dem Trockenen. (Erschreckend, was am Ende eines Satzes für stimmige Bilder entstehen können, von denen man noch am Satzanfang nicht mal zu träumen gewagt hätte.)

Es ist völlig verständlich, dass viele Menschen in diesen Tagen nicht ins Theater oder Konzert rennen: Die Sterne stehen gerade einfach nicht gut – Angst vor Corona, Angst vor Krieg, Angst vor Armut, dazwischen viele Unds und Oders. Aber: Die Sterne haben andererseits auch gerade ein neues Album veröffentlicht. Es heißt »Hallo Euphoria«. Das ist doch ein Anfang. Und kein Ende.

In diesem Sinn! (Wie gesagt …)

BENJAMIN HEINE

chefredaktion@kreuzer-leipzig.de

Unsere Titelgeschichte mit zusätzlichen Interviews und Hintergrundartikeln lesen Sie hier.


Titelfoto: Christian Gundlach. 


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