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Kultur

Sichere Kinohits fehlen

Wie Leipzigs Kinos mit dem Publikumsschwund umgehen

  Sichere Kinohits fehlen | Wie Leipzigs Kinos mit dem Publikumsschwund umgehen

Die Herbst- und Wintermonate sind traditionell die Hauptsaison der Kinos. Hier wird der Besucherspeck angefuttert, der vor allem die Programmkinos durch die Dürre des Sommers trägt. Doch die Herausforderungen, denen sich das Kino in diesem Jahr stellen muss, sind zahlreich. Nach dem letzten Lockdown kamen die Besucher nicht in dem Maße wieder, wie es nach den Vorjahresschließungen der Fall war. Während im Sommer 2021 Filme wie »Nomadland« zum Publikumshit avancierten, zündeten in diesem Jahr weder Sönke Wortmanns »Eingeschlossene Gesellschaft« noch der dritte »Moinseur Claude« bei den Zuschauern.

Sichere Hits gibt es nicht mehr. Das Publikum ist schwer kalkulierbar. Während der Oktober 2019 mit über 25.000 Besuchern der stärkste Monat in den vergangenen Jahren in den Passage-Kinos war, ist Kristin Klemann derzeit froh, wenn ein Film zumindest fünfstellige Besucherzahlen erzielt. Besonders die ältere Zielgruppe, bislang die treuesten Kinogänger, fehlt, stellt Susanne Schubert vom Cineplex fest:  »Vor allem bei unseren Klassik-Veranstaltungen, wie der Oper oder dem Ballett, aber auch dem sonst sehr beliebten Kinokränzchen, sind unsere Besucherzahlen noch weit hinter den gewohnten.«

Auch der Cine Star verzeichnet einen Publikumsschwund. Die Vorverkäufe laufen bis auf wenige Ausnahmen wesentlich schleppender als vor Corona, sagt Kevin Itzinger. »Das liegt zum einen noch an der Pandemie. Weiterhin gibt es viele Menschen, die große Menschenansammlungen vermeiden wollen. Andere haben sich durch die Pandemie daran gewöhnt, eher Zuhause auf die Konkurrenz aus dem Streaming-Sektor zurückzugreifen.« Als weiteren Grund sieht er die gestiegenen Lebenserhaltungskosten. »Da überlegen viele, vor allem Familien, doppelt und dreifach, ob man das Geld für einen Film samt Snacks und Getränke ausgibt oder ausgeben kann.«

Die Angst vor einer Infektion hält viele vom gewohnten Kinobesuch ab. Krieg und Inflation geben den Kinos den Rest. »Der Besucherschwund mit Beginn des Krieges war spürbar«, sagt Kristin Klemann. »Andererseits stellen wir fest, dass ein jüngeres Publikum weiterhin gerne ins Kino geht. Die sind bei ihrer Filmauswahl experimentierfreudiger und nicht direkt von der Inflation betroffen.« Die älteren Besucher ziehen den Klick zum Abo eines der Streaminganbieter auch aus Kostengründen vor, sagt Susanne Schönberg von der Schauburg. Hinzu kommt ein fehlendes Angebot qualitativ hochwertiger Titel. »Es kommen zu viele Filme ins Kino und da ist auch leider viel Mist dabei.« Die Verleiher halten sich derzeit zurück und packen ihre hoffentlich zugkräftigen Starts in den Dezember und Januar. »Aber was, wenn es dann wie im vergangenen November plötzlich heißt: Ab Montag ist in Sachsen Wellenbrecher«, gibt Kristin Klemann zu bedenken. »Die unsichere Situation nimmt einem die Freude am Planen.«

Der Blick in die Zukunft ist bei den meisten Kinoschaffenden trübe. »Die fetten Jahre sind vorbei«, ist sich Kristin Klemann sicher. Auch Susanne Schönberg sagt: »Ich denke nicht, dass es in nächster Zeit besser wird. Ich hoffe wie immer auf gute Filme und hoffe einfach, dass die Leute sehen, wie schön es ist, wieder ins Kino zu gehen.« Das Filmangebot der kommenden Monate bietet dafür auf jeden Fall ausreichend Gelegenheit. Susanne Schubert freut sich da besonders auf »Avatar 2« und hofft, dass bis dahin keine neuen Auflagen die Sitzplatzkapazitäten einschränken. »Durch die Begrenzung unserer Kapazitäten können wir nicht kostendeckend arbeiten und das wäre vor allem im Winter, in dem in der Regel unsere wichtigsten Umsatzmonate liegen, besonders tragisch.«

Eine Erhöhung der Eintrittspreise traut sich im Moment noch keiner. Der Cine Star versucht die Flucht nach vorn mit Sonderangeboten. Andere überlegen einen Euro Aufschlag für die gestiegenen Energiekosten einzuführen. Mit kurzfristigen Aktionen wie dem Kinofest, bei dem an einem Wochenende mit Eintrittspreisen von 5 € die Besucher in Scharen ins Kino strömten, wird sich aber das Kino in Deutschland nicht retten lassen, da ist sich Kristin Klemann sicher. »Was es braucht, ist ein gutes Programm, ein klares Profil und Qualität. Man muss verstärkt auf sein Publikum zugehen.« Dann kommen die Leute vielleicht wieder zurück in ihr Lieblingskino.


Titelfoto: Symbolbild. Pexels.


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