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20. September: Wer übers Klima reden darf

Der Klimabeirat soll durch Vertreter und Vertreterinnen der Klimagruppen ergänzt werden. Das sorgt für Unruhe im Leipziger Stadtrat.

  20. September: Wer übers Klima reden darf | Der Klimabeirat soll durch Vertreter und Vertreterinnen der Klimagruppen ergänzt werden. Das sorgt für Unruhe im Leipziger Stadtrat.  Foto: Stefan Ibrahim

Es ist der 30. Oktober 2019 und die Stadt Leipzig ruft den Klimanotstand aus. Es werden 24 Sofortmaßnahmen verabschiedet. Maßnahmen, die den Klimawandel aufhalten und solche, die die politische Partizipation von Verbänden und Interessengruppen fördern sollen. Ein Klimabeirat wird gegründet. Unter der Leitung von Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sollen Fachleute aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen beraten, wie die Stadt Leipzig in Zukunft nachhaltiger und klimafreundlicher wird. Mitglieder sind Vertreter und Vertreterinnen der Automobilbranche, des Bildungswesens und der Wissenschaft. Wo jedoch sind die Klimaschützer, die sich Tag für Tag mit diesem Thema befassen? Diese Frage hat sich die Linksfraktion gestellt und knapp vier Jahre später auf die Tagesordnung gebracht.

Michael Neuhaus tritt als Vertreter der Linken zuerst ans Mikrofon um den Antrag der Fraktion zu erläutern. Er trägt ein T-Shirt mit »Antifa«-Aufdruck, in der Hand hält er einen großen Laptop – »er nehme den Klimaschutz eben ernst«, folgt die Erklärung für die papierlose Redevorlage auf dem Fuße. Neben einem kurzen historischen Abriss zum Klimabeirat macht Neuhaus die zentrale Forderung klar: »Der Klimabeirat soll über die Sitzungen und den Tonus selbst entscheiden. Er soll der Beirat derer sein, die sich täglich für das Klima einsetzen.« Damit meint er auch Vertreterinnen und Vertreter von Fridays for Future oder der Klimaprotestgruppe Letzte Generation.

Eine Forderung, die für viel Aufruhr im Saal sorgt. Seinem Unmut darüber verleiht der neugewählte Fraktionsvorsitzende der CDU, Michael Weickert, Ausdruck. »Selbstverständlich kann man sagen, dass sich diese Gruppen irgendwie beteiligen sollen. Allerdings muss ich ehrlich sagen: Ich habe keine Lust, dass die Letzte Generation hier in einem Beirat sitzt. Denn wer sich nicht von Gewalt und Kriminalität distanziert, der hat auch in einem öffentlichen Beirat nichts zu suchen. Punkt.« Der Wortbeitrag wird mit lauter Zustimmung der CDU und der AfD honoriert. Allgemein scheint vieles, was Weickert sagt, bei der AfD auf offene Ohren zu treffen. Die Interessen überschneiden sich bei diesem Thema so sehr, dass die AfD-Abgeordnete Sylvia Deubel ihren Beitrag mit den Worten »Herr Weickert hat mir schon einiges vorweg genommen...« eröffnet. Ein Raunen geht durch den Saal.

Auch Jürgen Kasek (Grüne) will noch etwas beitragen. Er verteidigt die angestrebte Partizipation der Umweltaktivistinnen und -aktivisten und kritisiert Weickert: »Sie haben mit ihrer Rede deutlich gemacht, dass die CDU in einen Populismus-Wettstreit mit der AfD gegangen ist, denn Sie haben auf Instagram ja schon mitgeteilt, dass Klimawandel für Sie ›woke Ideologie‹ ist.« Immer wieder wird sein Wortbeitrag durch Unruhe im Saal unterbrochen, was Kasek sichtlich nervt.

Letztendlich wird der Antrag angenommen. Der neue Klimabeirat soll durch Vertreterinnen und Vertreter des Mieterbundes, der Klimagruppen und den Umweltverbänden ergänzt werden – um nur einige zu nennen. CDU und AfD lehnen den Antrag geschlossen ab.


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