anzeige
anzeige
All diese Gewalt

All diese Gewalt

Alles ist nur Übergang

All diese Gewalt

Schwellen, Passagen, Zwischenwelten – allesamt eint die Abkehr, Abweichung, das Unterwandern der Norm. Der Ethnologe Victor Turner, der sich einer Theorie des Rituals verschreibt, prägt dafür den Begriff »Liminalität«. Dieser klingt auch in der aktuellen Platte von All diese Gewalt an. Keines der zehn Stücke der neuen Veröffentlichung – »Alles ist nur Übergang« – schreit, zumindest nicht mit einer offensichtlichen Aufmüpfigkeit oder Wut. Nachdenklich, bisweilen wirr klingen und flirren Lagen von Melodien, denen sicher allerhand spannende Übergänge möglich wären. So kompakt und geclustert jedoch, wie sie ertönen, wirken sie wie wuchtige Soundwände, mehr noch, Klangräume, in denen der Gesang schwebt. Die Stimme ist selten diffus, vielmehr erhaben, denn in starker Klarheit tönen die Worte: »Ich bin transluzent« und »Ich bin das Licht«, ehe sie wieder verhallen. Mit Pathos führen sie in das Album ein und reiben sich am aufkommenden Tonnebel. Beeindruckend bedrängen die Dissonanzen, die den Song »Etwas fehlt« akzentuieren. Im Anschluss verliert sich das schnell, im Song »So leicht«: Die Melodien plätschern, darauf schillern und glitzern die Gitarrentöne. Diese schön verträumten Weiten werden von fulminantem Chorgesang komplettiert. So bleibt dieses Album im Dazwischen, insbesondere dann, wenn man nach der richtigen Genre-Schublade für All diese Gewalt sucht. Ach ja, All diese Gewalt ist Max Rieger, der längst als Teil von Die Nerven bekannt ist und auch mit Jauche und Obstler beeindruckende musikalische Gefilde schafft. Claudia Helmert


Weitere Empfehlungen