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José Eduardo Agualusa

José Eduardo Agualusa

Ein Roman, den man mit offenem Mund liest - José Eduardo Agualusas »Barroco tropical« ist ein postmodernes Meisterwerk

José Eduardo Agualusa. 331 S.

Auch mit bösester Absicht könnte man den deutschen Lesern nicht vorwerfen, sie interessierten sich nicht für ausländische Literatur. Andererseits: Es gibt immer noch so viel Lesenswertes in der weiten Welt. Zum Beispiel den Roman »Barroco tropical« des Angolaners José Eduardo Agualusa. Den Begriff »tropisches Barock« hat der mosambikanische Dichter Virgílio de Lemos erfunden. Er bezeichnet die neue portugiesischsprachige afrikanische Prosa, und Agualusa hat ihn nicht zufällig als Titel seines neuen Romans gewählt: Wie im Dschungel eine unendliche Vielfalt von Pflanzen wuchern in »Barroco tropical« die Geschichten, verzweigen sich, schlingen sich ineinander und treiben wundervolle (oft auch giftige) Blüten. Es beginnt damit, dass während eines Gewitters dem Schriftsteller Bartolomeu Falcato die ehemalige Miss Angola, Núbia, buchstäblich vor die Füße fällt, offenbar hat sie jemand aus einem Hubschrauber geworfen. Was wie ein Thriller beginnt, entfaltet sich zu einem teils fantastischen, teils albtraumhaften Entwurf eines zukünftigen Angola. Wir erleben Hexenverbrennungen in Luandas Unterwelt, Wahrsagerinnen, die in schmierigen Kaschemmen die Zukunft aus Kekskrümeln lesen, das dekadente Leben des afrikanischen Jet-Sets. Agualusa erzählt mit allen postmodernen Schikanen, retrospektiv, multiperspektivisch, knallharter Realismus und poetische Fantasmagorien wechseln sich ab. Auf jeder Seite stößt der Leser auf immer neue nie gesehene Herrlichkeiten - oder unaussprechliche Grausamkeiten. »Barroco tropical« ist ein Roman, den man bis zum Schluss mit vor Staunen offenem Mund liest. Vielleicht gibt es nicht sehr viel, worum wir die Angolaner beneiden können, aber dieser Roman, diese Literatur gehört dazu. Olaf Schmidt


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