Peer Meter und Barbara Yelin. 200 S.
Eine Schriftstellerin kommt nach Bremen, um Reiseführer zu verfassen. - Mit Spannung hat das Destillat des »Gift«-Plots auf den ersten Blick nichts zu tun. Kann man jedoch etwas mit dem Wort »Mäusebutter« anfangen oder hat schon einmal den Namen »Gesche Gottfried« vernommen, fällt der Groschen: Hier geht es mörderisch zu. Die Reiseführerautorin rutscht mitten hinein in den April 1831, als die letzte öffentliche Hinrichtung in der Hansestadt stattfand. Gottfried hatte über ein Jahrzehnt hinweg mit ebenjener Mäusebutter, einem Arsen-Schmalz-Gemisch, fünfzehn Menschen vergiftet und neunzehn gequält - unter anderem ihre Familienmitglieder und Freunde. Während diese litten, pflegte Gottfried sie aufopfernd, was ihr den Namen »Engel von Bremen« einbrachte. Vor den Augen der Autorin wird Gottfried nun dem Scharfrichter übergeben, ohne dass die Gründe für ihr mörderisches Treiben wirklich geklärt wurden. In der öffentlichen wie richterlichen Meinung war sie einfach das abgrundtief Böse, ein teuflisches Weib. Punktum. Diese sture Haltung und die beklemmende Stimmung in der Stadt, in der eine professionell schreibende Frau nichts verloren hat, treiben die Autorin zur Suche nach der wahren Ursache hinter den Morden.Schwarz-graue Tristesse zieht sich als Grundmotiv durch die Bildgeschichte. In der wabernden Verschwommenheit leuchten kurz einzelne Details auf, kommen imposante Panoramaansichten der Stadt in den Blick. Der weiche Bleistiftstrich erzeugt eine atmosphärisch dichte Erzählung, die sich der Unfassbarkeit der Tat ebenso annimmt wie des gesellschaftlichen Umgangs mit dieser und des langen Wegsehens. So wird zugleich eine Welt gezeichnet, in der Frauen nur Menschen zweiter Klasse darstellen und als bloß emotionale Wesen - im Guten wie Bösen - zum rationalen Handeln nicht fähig sind. Gekonnt rühren Peer Meter (Szenario) und Barbara Yelin (Zeichnungen) mit »Gift« einen fesselnden Cocktail an, der Krimi und Sittengemälde zugleich ist.