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Kultur

Nehmen Sie sich Ihre Freiheit!

Die Eröffnungsveranstaltung des DOK zeigt Snowden und verabschiedet Danielsen

  Nehmen Sie sich Ihre Freiheit! | Die Eröffnungsveranstaltung des DOK zeigt Snowden und verabschiedet Danielsen

Edward Snowden ist der Held des Abends. Kino 8 ist so voll, dass die Eröffnungsveranstaltung des DOK-Film-Festivals auch ins Kino 6 des Cinestars übertragen wird – samt Reden und Eröffnungsfilm »Citizenfour«. Und mit der Videobotschaft von Snowden selbst.

Aber erst einmal wird geflötet. Eine »slowakische Hirtenflöte vom Balkan« zitiert Moderatorin Grit Lemke und amüsiert sich darüber, dass man beim Dok noch was über die geografischen Gegebenheiten von Ex-Jugoslawien lernen kann, das dieses Jahr im Fokus des Festivals steht.

Im Fokus des Abends steht auch Festivalleiter Claas Danielsen, der angekündigt hat, den Job am Ende des Jahres aufzugeben. »Ein Menschenfänger« sei Danielsen, sagt Burkhard Jung und meint das als Lob. Dem Oberbürgermeister empfiehlt Lemke den Besuch des Kinderprogramms, in dem Wählerverhalten und Demokratie erklärt werden. »A vote for a goat« wäre auch ein guter Film für den Politiker, der zugibt, dass Danielsen ihm oft mit seinem guten Englisch geholfen hat.

Auch Thomas Früh vom Sächsischen Staatsministerium für Kunst beginnt auf Englisch, wechselt dann aber glücklicherweise auf Deutsch, um Danielsen zu loben und ihn mit einem Taschentuch zu winken. Die Filme, die beim DOK liefen, seien oft schonungslos und bestächen durch genaues Hinsehen, gerade in Zeiten, in den die politischen Krisen immer zahlreicher und unübersichtlicher würden. Das Geld, das das Land gebe, sei gut investiert. Er selbst habe aber einen Film mehr im Programm gezählt, als die von Lemke angekündigten 368. »Höhere Zahlen sind immer besser«, kontert sie. »Vor allem bei der Förderung.«

Als Danielsen dann selbst zu Wort kommt, dankt auch er den Förderern, die immer mehr gaben, weil das Festival immer größer wurde. Dafür nehme die Förderung durch Fernsehsender für Dokumentarfilmer immer mehr ab. »Es ist erschreckend, in wie wenigen Filmen, die wir geschickt bekommen, noch ein Sender im Abspann stehe«, kritisiert der Festivalleiter. »Dabei wollen immer mehr Menschen Dok-Filme sehen.« Das Durchschittsalter des DOK-Besuchers liegt bei 33 Jahren. »Wagen Sie mehr Experimente«, fordert er die Fernsehmacher auf. »Damit Ihnen die Arbeit wieder mehr Spaß macht!«

Ihm habe seine Arbeit in den letzten mehr als zehn Jahren sehr viel Spaß gemacht, jetzt wäre es aber an der Zeit , einmal innezuhalten und wieder mehr Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen. »Ist es egoistisch, sich seine private Freiheit zu nehmen, während in anderen Ländern so vielen Menschen die Freiheit geraubt wird?«, fragt er, verweist auf die Filme aus Syrien, die laufen werden, und kommt zur Antwort, dass das Beste, was man tun kann, ist, seine Freiheit sehr wertzuschätzen. »Nehmen Sie sich Ihre Freiheit! Niemand anders wird es für Sie tun«, gibt er den 800 Anwesenden als Ratschlag.

Für manche schien es provozierend zu sein, eine gut bezahlte Prestige-Stelle aufzugeben, für andere mutig, fasst er Reaktionen auf seinen Entschluss zusammen. »Wirklich mutig ist aber Edward Snowden.« Er habe nicht nur seine materielle Sicherheit aufgegeben, sondern alles.

Bevor Laura Poitras’ Film »Citizenfour« das Festival eröffnet, äußert sich Snowden selbst in einer Videobotschaft, wie er sie noch nie vor dem Film gegeben habe, wie er sagt. Aber für Leipzig mache er es. »Und zwar deshalb, weil die Geschichte der Stadt eine Inspiration für mich ist. Es ist ganz wichtig, dass wir Lehren aus der Geschichte ziehen. Und die Ereignisse in Leipzig erinnern uns daran, dass die Mauer und die DDR nicht durch Bomben, Waffen oder gewalttätigen Widerstand zu Fall gebracht wurden, sondern immer montags durch gewöhnliche Menschen auf den Straßen und Plätzen«, spricht er von der Leinwand. »Es gibt so viele Regierungen, auch in liberalen Demokratien, westlichen Demokratien, nicht nur in autoritären Regimen – die so häufig Taktiken der Täuschung und Geheimhaltung anwenden, dass wir uns vergegenwärtigen müssen, dass eine Zustimmung zu einer Regierung nur Bedeutung hat, wenn sie auf Information beruht.«

Video message by Edward Snowden for the Opening Ceremony at DOK Leipzig 2014 from DOK Leipzig on Vimeo.


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