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Kinder & Familie

Was denkt sich die Jugend?

Ergebnis der Leipziger Studie: Mehr Drogen, mehr soziale Ungleichheit, mehr Toleranz

  Was denkt sich die Jugend? | Ergebnis der Leipziger Studie: Mehr Drogen, mehr soziale Ungleichheit, mehr Toleranz

Erwachsene, zumal Entscheidungsträger in Ämtern und Behörden, haben oft weniger Einblick in die Lebenswelten von Jugendlichen, als ihnen lieb ist. Das soll seit ein paar Jahren eine Umfrage der Stadt ändern: 2.200 Leipziger Schüler und Schülerinnen ab dem zwölften Lebensjahr wurden 2015 zu ihrer Lebenssituation befragt, um zumindest über quantifizierbare Fakten Klarheit zu haben – und diese dann in Jugend- und Sozialarbeit zu gießen. Zuletzt wurden 2010 Daten über Jugendliche in der Stadt, die an Gymnasien, Oberschulen, berufsbildenden und Förderschulen lernten, erhoben.

Und der Fünfjahresvergleich zeigt: Jugendliche sind gesundheits- und umweltbewusster geworden als noch im Jahr 2010. Neben der Hinwendung zum eigenen Körper haben auch das Sicherheitsbedürfnis und der Wunsch nach gesellschaftlichem Mitspracherecht zugenommen. Dennoch setzen die Schüler und Schülerinnen, was ihre Lebensziele angeht, klar private Prioritäten: Sie möchten Freundschaften pflegen, sich in der Familie wohlfühlen, für andere da sein und das Leben genießen. Erst an sechster Stelle steht die berufliche Karriere.

Einen Hang zum Hedonismus bescheinigt die Datenerhebung auch in Sachen Drogenkonsum, der habe laut den Stadtstatistikern zugenommen und liegt über dem Bundesdurchschnitt. Zehn Prozent rauchen täglich (doppelt so viel wie im Bundesdurchschnitt), 15 Prozent der Befragten zwischen zwölf und 17 Jahren trinken regelmäßig Alkohol. Die beliebtesten illegalen Drogen sind Haschisch und Marihuana, nur zwei Prozent gaben hingegen an, schon einmal zu Crystal gegriffen zu haben. Gleichberechtigung zwischen Mädchen und Jungen herrscht nunmehr zumindest bei den abendlichen Ausgehzeiten: Die Regeln, wann Mädchen und Jungs abends zu Hause aufschlagen müssen, haben sich angeglichen – beide Geschlechter bleiben abends länger weg als noch 2010. Mädchen machen sich hingegen häufiger Sorgen um ihre persönliche Zukunft als Jungs, sie haben laut Umfrage auch häufiger Stress mit den Eltern, während Jungen mehr unter Gewalt an der Schule leiden.

Deutlich gelassener als ihre Eltern scheinen Jugendliche aber auf Ausländer zu reagieren: Sie sind weniger rassistisch als ihre Ü18-Mitbürger. Wenn Jugendliche Vorbehalte gegen Ausländer äußern, dann aufgrund der als unterschiedlich wahrgenommenen Kultur; Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt fürchten Jugendliche kaum. Wobei Gymnasiasten der 9. und 10. Klasse ihren ausländischen Mitbürgern gegenüber am positivsten eingestellt sind. In der Südvorstadt konnten die Statistiker gar null Prozent ausländerfeindliche Einstellungen feststellen, während Rassismus im Osten und Westen der Stadt deutlich ausgeprägter sei. Dort, vor allem aber im Osten und Norden, fühlen sich Jugendliche außerdem räumlich stark benachteiligt.

Übrigens: In Sachen Benachteiligung bekleckert sich die Stadt nicht mit Ruhm. Die soziale Ungleichheit hat sich vor allem im Bildungsbereich weiter verstärkt. Kinder aus kinderreichen Familien besuchen laut Statistik deutlich seltener ein Gymnasium als Kinder aus Ein- oder Zweikindfamilien. Jugendliche, die in Patchworkfamilien oder nur bei einem Elternteil leben, lernen überdurchschnittlich häufig in Förderschulen oder streben seltener eine Hochschulreife an. »Angesichts der Ergebnisse verfestigt sich das Bild, dass der Leipziger Bildungslandschaft eine soziale Selektivität zugrunde liegt«, heißt es im Bericht. Nicht alle Kinder könnten ihre Chancen adäquat nutzen – das zu ändern, ist eine schwerwiegende Aufgabe für die Stadt in der kommenden Zeit.


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