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Editorial

Editorial 07/24

Das neue Heft ist da!

  Editorial 07/24 | Das neue Heft ist da!  Foto: Christiane Grundlach

»Ein schönes Unentschieden, kurz vorm Schlusspfiff

Eine Dehnung und kein Riss

Du springst auf und reißt die Arme hoch

Du lachst, du jammerst, du jubelst«

– Das Paradies, am 25.7. im Noch Besser Leben
 

Der Orientexpress dreht seine Runde, ganz vorn sitzt ein wenig begeistertes Kind, ganz hinten weht die Bundesflagge. Zwischen den Gleisen sorgt ein Tipi fürs i-Tüpfelchen auf dem stimmigen Bild mit Werbebande, hinter der ein paar andere Kinder Fußball spielen. Vereinsfest beim SV Lindenau 1848. Der Club, das Gelände, die Menschen haben sich rausgeputzt, die Abendsonne gießt Gold über alles. Die Alten Herren spielen auf der neuen Anlage gegen eine Traditionsmannschaft mit ehemaligen Nationalspielern der DDR. Null Tempo und ein Dutzend Tore, es gibt Bier und zur Feier des Tages einen Popcorn-Wagen. Vorm Festzelt, in dem später noch das 5:1 im EM-Auftaktspiel public geviewt wird, stehen drei Althools, ein paar Meter weiter zwei mutmaßliche Autohausbesitzer mit ihren gelifteten Frauen. Bernd Heynemann am Bratwurststand, das Foto mit der Schiedsrichterlegende ist kein Selfie. Musik aus den Boxen, normal schlimm. Drei ältere Autogrammjäger warten mit ihren Mappen unterm Arm auf die Raabes und Halatas, neben ihnen feixende und rauchende Vereinsmenschen. Niemand traut sich, die Tartanbahn oder gar den Rasen zu betreten, die Aura des Platzwarts.

Mir ist schon klar, dass Sie wissen, was kollektive Efferveszenz ist. Denn klar, Sie haben den kreuzer abonniert und Ihren Émile Durkheim gelesen, Sie sind Intellektuelle mit Street-Credibility. Ich als schlichter kreuzer-Vorableser habe den Begriff der Efferveszenz erst mit diesem Heft kennengelernt und träume nun davon, ihn dereinst auch aussprechen zu können.

Gelesen habe ich ihn im Porträt unseres Autors Philip Stengel über den Leipziger Soziologen Thomas Schmidt-Lux. Er ist eine von elf (bzw. dreizehn) Leipziger Persönlichkeiten, die wir Ihnen in unserer Titelgeschichte vorstellen. Sie alle haben mit Fußball zu tun, aber nicht als eindimensionale Wesen, sondern interessante Charaktere, die was zu erzählen haben – auch denjenigen unter uns, die mit Fußball noch nie was anfangen konnten oder nicht mehr, weil sich die eigentliche, lässige Fußlümmelei zu einem Ekelpaket entwickelt hat, das einen oft vergessen lässt, was für eine schöne Sportart es mal war. Oder noch sein kann, so wie in Lindenau.

Au lait, au lait!


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