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Politik

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Miriam Paulsen hat für die SPD kandidiert, wurde aber nicht in den Stadtrat gewählt – und nun?

  Weiter dekorieren | Miriam Paulsen hat für die SPD kandidiert, wurde aber nicht in den Stadtrat gewählt – und nun?  Foto: Christiane Gundlach

Passé ist die bisher bestehende Mehrheit links der Mitte im Leipziger Stadtrat nach der Wahl am 9. Juni. Eine umfangreiche Analyse zur Wahl mit zahlreichen Stimmen aus den Leipziger Parteien finden Sie hier. Mit Jügen Kasek (Grüne), Miriam Paulsen (SPD) und Ralf Pannowitsch (BSW) stellen wir Ihnen drei für den Leipziger Stadtrat Angetretene vor, für die die Wahl ganz unterschiedlich ausgegangen ist.


»Meine Lieblingsanekdote möchte ich noch erzählen!« – Miriam Paulsen muss an diesem Montagabend noch weiter Plakate abhängen, in zwei Tagen müssen alle wieder runter sein. Aber ein kleines Highlight aus dem Wahlkampf wolle sie noch mit uns teilen: Neben zerstörten Wahlplakaten habe es nämlich auch nette Beschmierungen gegeben – auf ein Plakat habe jemand geschrieben: »Süße Augen Bro«.

Dass 250 Plakate mit ihrem Einzelporträt im Wahlkreis Leipzig-Mitte verteilt hingen, sei zwar ein bisschen merkwürdig, im Großen und Ganzen aber eine schöne Erfahrung gewesen – insbesondere wegen der Interaktion mit den Menschen, die sie auf den Plakaten erkannten. Auch insgesamt habe sie den Wahlkampf überwiegend als positiv erlebt, mit teils interessanten und lustigen Gesprächen.

Seit 17 Jahren betreibt Paulsen das »Tschau Tschüssi«, einen Laden, in dem es Postkarten, Schmuck, T-Shirts und Ähnliches zu kaufen gibt. In diesem Frühjahr kandidierte sie zum ersten Mal für den Leipziger Stadtrat. Vor eineinhalb Jahren sei zunächst im SPD-Ortsverband gefragt worden, wer sich vorstellen könne, für die Stadtratswahl zu kandidieren, Paulsen konnte das: »Irgendwie war das für mich die logische Konsequenz, dass das, wenn man sich einbringen möchte, dazugehört.« Seit fünfeinhalb Jahren engagiert sich die 45-Jährige bei der SPD, im Ortsverband und Stadtvorstand. Auslöser für ihren damaligen Parteieintritt sei ein Abend in der Kneipe gewesen, an dem ratlose Stimmung bezüglich der anstehenden Landtagswahlen geherrscht habe. Am Tag darauf habe eine Freundin ihr dann nahegelegt, doch in eine Partei einzutreten. »Nur am Tisch sitzen in der Kneipe und alles blöd finden, ist für mich persönlich auf Dauer ein bisschen zu wenig«, erzählt Paulsen heute.

In den Stadtrat hat Paulsen es bei dieser Wahl nicht geschafft. Dort hätte sie sich gerne für ihr Hauptthema – bezahlbares Wohnen – eingebracht, und auch für Orte in der Stadt, an denen sich Menschen begegnen: »Ob Spielplätze oder soziokulturelle Treffpunkte: Wie erhalten wir die?«

Mit welchem Gefühl sie in die Wahl gegangen sei? »Vielleicht habe ich es mir mal kurz für ein paar Sekunden ausgemalt, wie das wäre, wenn es klappt«, sonst sei sie realistisch geblieben – denn es wäre schon eine sehr große Überraschung gewesen, auf dem zweiten Listenplatz ein Mandat zu bekommen. Jetzt, nach der Wahl, ist Paulsen enttäuscht über die Ergebnisse der Europawahl und der Stadtratswahl insgesamt. Dem verpassten Mandat trauere sie selbst nicht nach, eher sei sie enttäuscht für all die Menschen, die sie unterstützt haben. »Aber das gehört dazu. Da muss man dann einfach weitermachen.« Weiter gehe es zunächst mit dem Landtagswahlkampf, bei dem sie die Kandidierenden der SPD unterstütze. Auf jeden Fall wolle sich Paulsen weiter einbringen, sie müsse schauen, in welche Richtung es weitergeht. Und unter der Woche steht sie weiter in ihrem Laden, denn das politische Engagement dekoriere man ja immer um die Arbeit herum. 

> Jürgen Kasek (Grüne) hat es nicht wieder in den Stadtrat geschafft: »Kann meine Wut nicht nur bei X reinkippen«

> Ralf Pannowitsch ist für das BSW neu in den Stadtrat eingezogen: »Wir brauchen unbedingt die Verankerung in den Kommunen«


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