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Rezensionen

Assassin’s Creed IV: Black Flag (2013)

Assassin’s Creed IV: Black Flag (2013)

Um den ganzen Schlamassel zu verdeutlichen: »Skull and Bones« war ganze elf Jahre in Entwicklung und soll bis zu 200 Millionen US-Dollar gekostet haben. Für »Assassin’s Creed IV: Black Flag« hat Ubisoft Montreal knapp drei Jahre gebraucht – und ein Meisterwerk abgeliefert. »Black Flag« hat alles, was »Skull and Bones« gerne hätte: eine lebendige Open World, Piratenflair und dieses Inselchen am Horizont, auf dem bestimmt ein Schatz vergraben ist. »Black Flag« ist im Herzen ein Erkundungsspiel und verschmilzt mit dem Attentätergameplay der Vorgänger. Als Assassin-Anwärter Edward Kenway steuert man das eigene Schiff durch die Karibik des 18. Jahrhunderts und plündert von den klapprigen Holzdächern Havannas bis zu fetten Galeonen alles Mögliche. Wenn Dutzende Schiffskanonen losballern und Holz splittert, fühlt sich das aufregend an, das Kapern eines Laderaums nach hartem Kampf wie eine faire Belohnung. Mit »Black Flag« fand Ubisoft die perfekte Balance zwischen einer großen und einer nicht zu großen Spielwelt. Niemals wieder sollte der Spielekonzern so gut verstehen, wo die Stärken seiner Reihe liegen. Spielerinnen und Spieler liebten »Black Flag«, mit etwa 15 Millionen verkauften Stück ist es einer der erfolgreichsten Serienteile. Ubisoft, es wird Zeit für ein Remake. Denis Gießler

Vertigo 2

Vertigo 2

Entwickler/Publisher: Perpetual Entertainment/Zulubo Productions, Plattform: PC VR, PS VR2, Preis: 29,99 € (digital), 34,99 € (Box)

Vor dem Höhleneingang erstreckt sich ein pilzartiges Geflecht. Als ich mich nähere, öffnet sich darin ein Mund und wirft mir ein »Oh, well, hello there!« entgegen. Im Folgenden bittet mich das gut gelaunte Gewächs darum, nach einer Sprühflasche Ausschau zu halten, die ich finde und gründlich zum Sprühen bringe. Schließlich öffnet die Flechte mit einem zufriedenen Stöhnen den Weg. Begegnungen wie diese sind in der Welt von »Vertigo« nichts Ungewöhnliches. Schöpfer Zach Tsiakalis-Brown ist spürbar Fan von »Rick & Morty« und injiziert seinem Story-Shooter eine große Dosis von Justin Roilands eklektischem Gaga-Humor. Nachdem der erste Akt auf dem PC 2016 zum Überraschungshit avancierte, holt »Vertigo 2« nun richtig aus. Mit deutlichen Anleihen an Valves »Half Life: Alyx« ballert und rätselt man sich als humanoides Alien den Weg aus einem Reaktorkern ans Tageslicht. Das heißt, man wühlt sich anfangs vor allem durch Tunnel und Gänge, läuft aber später auch durch Außenareale. Abwechslung wird hier ohnehin großgeschrieben: So holt man zwischendurch auch mal mit einem Geschütz Raumschiffe vom Himmel, schwimmt oder stellt sich mächtigen Zwischenbossen. Man spürt die Liebe für VR, die Zach Tsiakalis-Brown antreibt. In jahrelanger Handarbeit programmierte er sein Opus selbst und komponierte sogar noch einen einstündigen Soundtrack. Klar, dass »Vertigo 2« den Polish von Valves Vorzeige-VR vermissen lässt. Aber die Ecken und Kanten machen dieses Herzensprojekt nur noch liebenswerter. Lars Tunçay

Skull and Bones

Skull and Bones

Entwickler/Publisher: Ubisoft, Plattform: PC, Playstation 5, Xbox Series X/S, Preis: 55 €, USK: 16

Was haben Piraten und globale Videospiel-Firmen gemeinsam? Starke monetäre Zwänge. Und die merkt man dem Online-Piratenspiel »Skull and Bones« jederzeit an. Das kommt nicht von ungefähr, denn Entwickler Ubisoft bastelte elende elf Jahre an dem Spiel – das sind Äonen in Computerspieljahren. Und wer so lange Geld und Arbeitskraft in ein Projekt steckt, will natürlich wenigstens seine Kosten wieder einfahren. Wie ein echter Vollpreistitel fühlt sich »Skull and Bones« aber nie an. Eher wie ein labbriger Pappkarton von der Bestpreis-Pyramide im Elektrofachmarkt. Oder wie ein Download aus der halbseidenen Sonderangebote-Ecke im Playstation-Store. Spielen soll ja eigentlich Spaß machen, aber das schafft »Skull and Bones« nur selten. Das könnte zum Beispiel mit einer schönen Story klappen, auf die wird aber praktisch gänzlich verzichtet. Also schippern wir mit einem Piratenschiff über den Indischen Ozean und ernten verschiedene Rohstoffe durch unwürdige Minispiele ab. Oder wir rauben die Schätze anderer Schiffe, die wir in mediokren Gefechten versenken. Mithilfe der neuen Reichtümer wird dann das eigene Schiff gepimpt. Das ist der kapitalistische Kreislauf von »Skull and Bones« – ein endloser, seelenloser Grind. Das mit den Piratenspielen ging schon mal viel besser, zum Beispiel 2013 (!) mit »Assassin’s Creed IV: Black Flag«, übrigens auch von Ubisoft (siehe unten). »Skull and Bones« ist wie Saufen ohne Rausch. Macht keinen Spaß, aber die Zeche muss trotzdem irgendjemand zahlen. Alberto Balsam

Llamasoft: The Jeff Minter Story

Llamasoft: The Jeff Minter Story

Entwickler & Publisher: Digital Eclipse, Plattform: PC, PS4/5, Switch, Xbox One/S/X, Preis: 30 €

Als Teenager in den siebziger Jahren lag Jeff Minter im Bett, hörte Musik und stellte sich abstrakte Formen vor, die im Takt pulsierten und sich veränderten. Später baute er eine Karriere auf dieser Erfahrung auf. Er gründete eine Firma namens »Llamasoft«, nannte sich »Yak« und entwickelt nun seit über 40 Jahren technisch ausgefeilte Spiele mit Arcade-Gameplay. Minter hat einen grauen Bart bekommen, aber er ist immer noch aktiv, sitzt im Wollpulli vor dem Computer, entwickelt hypnotische Software und füttert seine Schafe. All das lässt sich in der neuen, interaktiven Doku »Llamasoft: The Jeff Minter Story« nachvollziehen, erhältlich für PCs und Konsolen. Vielleicht ist es auch keine Doku, sondern ein virtuelles Museum. Auf mehreren Zeitleisten arrangiert der Titel Originaldokumente, neu produzierte Kurzvideos und eine lange Reihe uralter Originalspiele. Das Ergebnis fühlt sich an wie eine Ausstellung, die in ein Museum gehören würde; wenn Leute wüssten, wie wichtig Jeff Minter ist. Einerseits wurde Minter von Teilen der Branche schon immer als exzentrischer Freak belächelt. Andererseits hat der Ausnahmekönner und Sturkopf Erweckungserlebnisse geschaffen, die bis heute nachwirken. Seine Shooter und Licht-Synthesizer haben neue visuelle Möglichkeiten geschaffen. Vorher wirkten Spiele statisch und starr, seit Minter können sie wabern, schmelzen und zerlaufen. Er machte Software organisch und lebendig. Wer je staunend abstrakte Visuals zu Musik angestarrt hat, kann sich bei Minter bedanken. Leider tun das wenige. Videospiele werden vergessen. Gegenmaßnahmen wie das »Haus der Computerspiele« in dieser Stadt gibt es, doch im Großen und Ganzen stimmt der Befund leider. Große Spielefirmen behandeln ihr eigenes Erbe noch immer wie Restmüll, von dem nur ein Teil als Remake upgecycelt werden kann. Die neueste Blüte dieser Brutalität ist die Angewohnheit, neue Spiele schnell zu beerdigen. Wenn ein Online-Titel floppt, werden die Server abgeschaltet. (...) Jan Bojaryn

Ratchet & Clank: Rift Apart

Ratchet & Clank: Rift Apart

Plattform: PS5 / Entwickler: Insomniac Games / Anbieter: Sony / Preis: 74,99 €

Seit fast 20 Jahren sind sie untrennbar: Das dynamische Duo aus dem spitzohrigen Lombax Ratchet und dem melancholischen Roboter Clank war seit seinem ersten Auftritt als intergalaktische Weltenretter wider Willen auf der Playstation 2 in mehr als 14 Episoden unterwegs. Das letzte Abenteuer liegt allerdings schon fünf Jahre zurück. Entwickler Insomniac kümmerte sich derweil um die »Spider-Man« Episoden auf der PS4 und ist als jahrelanger Exklusiventwickler auch seit 2019 offiziell unter dem Dach von Sony. So durften sie jetzt den ersten Vorzeigetitel für die Playstation 5 entwickeln, der von den Vorteilen der neuen Konsolengeneration profitiert. Das ist, neben der detailreichen Grafik und den unzähligen Objekten, die den Bildschirm mit Leben erfüllen, vor allem der Wegfall von Ladezeiten. Die eingebaute SSD erlaubt den nahtlosen Wechsel zwischen den Welten. So geht es pfeilschnell aus dem arktischen Eis auf einen prähistorischen Planeten, die Helden gleiten auf Monoschienen vorbei an einem gigantischen Roboter, während um sie herum die Projektile sirren. »Ratchet & Clank« ist auch heute vor allem ein Actionspiel mit Geschicklichkeitseinlagen, bei dem sich nach einer Weile ein wunderbarer Flow einstellt, dem nur die eigene Fingerfertigkeit im Weg stehen könnte. Ausgangspunkt ist eigentlich eine prächtige Parade für den galaktischen Helden Ratchet. An deren Ende wollte ihm sein Freund Clank eine Maschine überreichen, mit der man Dimensionstore öffnen kann, um Ratchet die Suche nach seinen Artgenossen zu erleichtern. Doch ihr Erzfeind Dr. Nefarious sprengt die Feierlichkeiten, greift sich kurzerhand den Apparat und stellt das Universum auf den Kopf. Jetzt ist es also erneut an Ratchet und Clank, alles wieder geradezubiegen. Unerwartete Hilfe bekommen sie durch die schlagkräftige Lombax-Lady Rivet. Sie steuert sich kaum anders als Ratchet, bereichert aber die solide Storyline. (...) Lars Tunçay

Mass Effect

Mass Effect

Entwickler: Bioware / Publisher: EA / Plattform: PC, Xbox (ab One), Playstation (ab 4) / Preis: 60 €

Wenn einsam Synthesizer pfeifen, dann ist es Science-Fiction. Heutzutage wird der Weltraum im Fernsehen mit Blockflöten und Symphonieorchestern untermalt, aber dieses verhallte Klingeln haben Genrefans seit 2007 im Ohr: das Thema von »Mass Effect«. Es klang schon damals wie eine Rückbesinnung, weg von Laserschwertern und Special Effects, hin zum Weltraum an sich. Er ist still, groß und geheimnisvoll. An Bord schnittiger Raumschiffe und monumentaler Raumstationen stehen nachdenkliche Aliens am Fenster und blicken in die Sterne. Millionen von Menschen haben sich in diesen Weltraum (und die Aliens) verliebt. »Mass Effect« erschien als Trilogie aus drei Rollenspielen zwischen 2007 und 2012. Das Entwicklerstudio Bioware war bereits bekannt für tiefgründige Geschichten. Doch mit »Mass Effect« kam cineastische Bildsprache dazu. Die Grafikleistung reichte nicht nur für tolle Sternentapeten, sondern für Charaktere in Nahaufnahme. Mit Mimik! Plötzlich waren ellenlange Multiple-Choice-Gespräche nicht mehr nur eine Vorlesestunde. Sie öffneten einen Raum für das Anschmachten. Hat der forsche Turianer auch einen weichen Kern? Was verbirgt sich unter der Maske der Quarianerin? Die Trilogie durchlief Aufs und Abs; Teil zwei wurde noch ekstatischer gefeiert, Teil drei fast von einem Shitstorm enttäuschter Fan-Erwartungen begraben. Aber dieses Niveau bleibt unerreicht. Ein viertes »Mass Effect«-Spiel mit neuem Setting floppte. Jetzt erscheinen die ersten drei Spiele als »Mass Effect: Legendary Edition«. Im Paket sind nicht einfach die drei Spiele von früher, sondern eine behutsam restaurierte Version. Die Spiele sehen immer noch erkennbar alt aus, sind aber wieder schön. Sie laufen runder und schneller. Vor allem die neuen, lebensechten Gesichter machen einen Unterschied. Beim Spielen fühlt sich »Mass Effect« auch heute noch modern, aber eigensinnig an. Es bietet viel Action, aber auch viel dazwischen. (...) Jan Bojaryn

Outlaws (1997)

Outlaws (1997)

Der Klassiker

Ein paar Kakteen, einen Cowboyhut und einen »Saloon«-Schriftzug. Mehr brauchte es lange Zeit nicht, um in Computerspielen ein überzeugendes Western-Szenario zu zimmern. Weil im »Wilden Westen« vor allem herumgeschossen wird, war es in den neunziger Jahren nur eine Frage der Zeit, bis sich das neue Ego-Shooter-Genre dem Setting widmen würde. Nach Dutzenden Science-Fiction-Ballereien war es Zeit für etwas Neues. Und so veröffentlichte die berühmte Spieleschmiede LucasArts 1997 »Outlaws«. Der Shooter orientierte sich stark an den Anti-Western-Filmen der sechziger Jahre. Ein rücksichtsloser Eisenbahnmagnat ließ die Frau des Protagonisten töten, weshalb der Spieler einen Rachefeldzug antrat. In typischen Western-Szenarien – einer Stadt, einer Mine mitsamt rasanter Lorenfahrt und einem Canyon – pflügte man sich mit Pistolen, Schrotflinten und Dynamitstangen durch Gegnerhorden. Anders als etwa bei »Quake« mussten Patronen für die Waffen einzeln nachgeladen werden. In den weitläufigen Levels war auch das in Spielen neuartige Zielfernrohr eine Hilfe, um Gegner aus der Distanz auszuknipsen. »Outlaws« war schon beim Erscheinen grafisch veraltet, so schnell entwickelte sich damals die 3-D-Grafik weiter. Erst neun Jahre später sollte ein neuer Westernshooter erscheinen: »Call of Juarez«. Denis Gießler

Minute of Islands

Minute of Islands

Entwickler: Studio Fizbin / Publisher: Mixtvision / Plattform: PC, Xbox (ab One), Playstation (ab 4), Switch / Preis: 20 €

Ziele zu erreichen, ist schwer. Hier setzen Videospiele an: Sie pflastern ihre Welten mit erreichbaren Zielen. Alles ist schaffbar. Damit sind sie ein schöner Urlaub vom restlichen Leben. Aber sie setzen den Erfolgsdruck mit einiger Selbstverständlichkeit fort. Der anhaltende Produktivitätsterror wird selten hinterfragt. In dem kleinen und kurzen Indie-Adventure »Minute of Islands« passiert genau das; es handelt von einer psychisch kranken Heldin, die sich mit aller Kraft gegen den Untergang einer Inselwelt stemmt. Doch die Welt ist schon verloren. Das ist beim Spielen so hart, wie es klingt. So schön die handgezeichneten Inseln auch vermodern, es geht deutlich bergab. Eigentlich weiß es auch die Heldin. Doch »Minute of Islands« ist nicht einfach ein Depri-Spiel, denn es erzählt seine Geschichte mitfühlend und klug. Und es sieht bei allem Ekel hinreißend aus. Pilze wuchern, Wale verwesen, einbeinige Möwen picken im Aas, und die Heldin Mo stapft in ihrem signalgelben Mantelkleid durch das Elend. Automatisch wächst sie ihren Spielern ans Herz. Auch wenn Mo alles schwarz sieht, bleibt die Welt auf eine schwer greifbare Art schön. Der tödliche Schimmel strahlt in bunten, raumgreifenden Fruchtkörpern über die authentisch verrottenden Zivilisationsreste. Jeder Bildschirm steckt so voller fantastisch gezeichneter Details, dass es das Spiel hoffentlich bald auch als Bildband geben wird. Jan Bojaryn

Solasta: Crown of the Magister 

Solasta: Crown of the Magister 

Entwickler + Publisher: Tactical Adventures / Plattform: PC / Preis: 40 €

Dass »Solasta« vom einstigen Mitbegründer der französischen Amplitude Studios entwickelt wurde, sieht man am Design des Interface und der Spielmenüs. Schlicht, elegant und funktional sind die – und was bei Strategiespielen wie »Endless Legend« funktioniert hat, schadet auch einem Rollenspiel nicht. Überraschend gut ist es geworden, das Debüt von Mathieu Girards neuem Studio Tactical Adventures: ein klassisches Rollenspiel im Stil von »Baldur’s Gate«, in dem am Anfang ganz klassisch die Charaktererschaffung steht. Dabei gelingt es »Solasta«, der Ansammlung von Zahlenwerten, die so ein Rollenspiel-Charakter ist, durch gutes Voice-Acting und schön geschriebene Dialoge eine Stimme und ein Gesicht zu geben. Die Party entwickelt ein ganz spezielles Eigenleben, weil die Charakterwerte beeinflussen, wie die Spielfiguren sich im Verlauf der Geschichte verhalten, was sie sagen und wie sie es sagen. Auch in anderen Bereichen wurde geschickt an den Schrauben der bekannten Formel gedreht. Höhenunterschiede und Lichtverhältnisse spielen in den rundenbasierten Kämpfen eine wichtige Rolle, ein Zauberspruch ermöglicht sogar das Fliegen. Weniger originell ist der Plot, man rettet wieder einmal die Welt, die aber immerhin mit einer extra für »Solasta« geschriebenen Hintergrundgeschichte aufwarten kann. »Solasta« ist ein bugfreies, komplexes D&D-Rollenspiel, das mit gutem Loot und einer brauchbaren Story belohnt. Alexander Praxl

Resident Evil Village

Resident Evil Village

Entwickler/Anbieter: Capcom / Plattform: PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X / Preis: 69,99 €

Vor 25 Jahren zog das Grauen auf der Playstation ein. Das Genre wurde zwar schon einige Jahre zuvor mit »Alone in the Dark« begründet, bekam aber mit der Aufforderung »Enter the Survival Horror …« im ersten »Resident Evil« nicht nur seinen Namen. Auch sonst prägte die Reihe über die Jahre das Genre maßgeblich. Rund 30 Titel erschienen seitdem, rechnet man die zahlreichen Umsetzungen und Neuauflagen mit ein. Bezog die Serie zunächst noch ihren Nervenkitzel aus der starren Kameraperspektive, vollzog »Resident Evil 4« 2005 in mehrfacher Hinsicht einen Perspektivwechsel. Fortan hing die Kamera über der Schulter des Protagonisten und statt eines gruseligen Herrenhauses war nun das spanische Hinterland Schauplatz des Grauens, statt Zombies setzten sich nun Anhänger eines Sektenkults zur Wehr. Gleichzeitig verschob sich der Schwerpunkt, dem allgemeinen Spieletrend geschuldet, immer mehr in Richtung Action. Mit dem 2017 erschienenen »Resident Evil VII« besann man sich wieder auf alte Gruseltugenden, verschob jedoch ein weiteres Mal die Perspektive. Aus der Ego-Ansicht wirkt das Grauen so intensiv wie nie zuvor, erst recht in der vollwertigen VR-Version des Spiels. Die bekam der nun frisch zum Jubiläum erschienene Teil acht, »Resident Evil Village«, nicht spendiert. Dafür profitiert er nicht nur grafisch von der Hardwareleistung der neuen Konsolen. Daneben bietet der achte Teil weitgehend, was die Serie groß machte, und schließt nahtlos an den Vorgänger an. Protagonist ist ein weiteres Mal Ethan Winters, der nach den grausamen Ereignissen in den Sümpfen von Louisiana mit seiner Frau Mia in Osteuropa Zuflucht gesucht hat. Bis ein alter Bekannter in sein Haus einbricht, Mia tötet und ihr Baby kidnappt: Chris Redfield. Als S.T.A.R.S.-Agent gehört er eigentlich zu denen, die seit Teil eins gegen den Umbrella-Konzern kämpfen, der mithilfe von biochemischen Experimenten die Weltherrschaft anstrebt. (...) Lars Tunçay

Ultima Online (1997)

Ultima Online (1997)

Der Klassiker

Es war schon ein ziemlich ausgeklügeltes System, das sich Richard Garriott für »Ultima Online« einfallen ließ. In dem ersten modernen Online-Rollenspiel interagierten tausende Spieler miteinander über das damals noch sehr junge World Wide Web. Um eine glaubwürdige Welt zu simulieren, erschuf Garriot mit seinem Team von Origin Systems eine »virtuelle Ökologie«: Pflanzen wuchsen wie in der echten Welt und produzierten Nahrung für Pflanzenfresser, die sich untereinander vermehrten und wiederum von Fleischfressern verputzt wurden. In der Theorie war das eine gute Idee – bis die Spieler auf die Server kamen. Denn alles, einfach alles, was sich auf der Karte bewegte, wurde von ihnen massakriert. Als eine Heuschreckenplage bezeichnet Garriot sie in einem Interview mit dem Tech-Blog Ars Technica. Die liebevoll gebaute virtuelle Ökologie starb in dem Moment, als die Server ächzend online gingen. Zu groß war die Freude der Spieler, sich über das Web durch eine digitale Welt mit okayer Grafik zu bewegen. Weil sich Spieler damals noch via Modem in das Web einwählten, beliefen sich die Telefonrechnungen bei manchen auf mehrere hundert D-Mark pro Monat. Im August 2021 war das Spiel immer noch live und bietet sogar einen kostenlosen Spielmodus an. Na dann, auf nach Britannia! Denis Gießler

F1 2021

F1 2021

Plattform: PC, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series / Entwickler: Codemasters / Anbieter: Electronic Arts / Preis: 69,99 €

Electronic Arts (EA) holt sich die Pole Position: Mit dem Erwerb von Codemasters ist der Publisher nun nahezu konkurrenzlos auf jeder Piste. Rund 1,2 Millionen US-Dollar ließ der Konzern für den traditionsreichen britischen Entwickler springen. Neben den erfolgreichen Serien »Grid«, »Project Cars« und dem Rallye-Renner »Dirt« erwirbt EA damit auch die Exklusivrechte an der Formel 1 und das Entwicklerteam, das deren größte Rennspiel-Serie zum Sieg führte. Für Fans der Reihe hat das zunächst keine spürbaren Auswirkungen. »F1 2021« ist ein gewohnt gutes Erlebnis, technisch auf der Höhe und mit einigen neuen Ideen. So kann man jetzt im Story-Modus »Breaking Point« den Rookie Aiden Jackson bei seinem Einstieg in die F1 begleiten. Dabei steigt man nach dramatisch inszenierten Cutscenes immer am entscheidenden Punkt eines Rennens ein. Vorteilhaft, wenn man den langen Weg aus Vorbereitung, Qualifying und Renntag abkürzen will. Allerdings sind die Aufgaben ganz schön fordernd. Gut, dass man den Realitätsgrad der Steuerung nach eigenem Ermessen einstellen kann. Wer den langen Weg nicht scheut, findet in »My Team« das volle Paket aus Management, Forschung, Sponsoring und Rennsimulation und hat dabei alle Entscheidungen in der Hand. Hinzu kommen die Rennen der F2-Saison, Zeit- und Einzelherausforderungen. Alles in allem ist »F1 2021« also mehr als nur ein jährliches Update. Es bleibt abzuwarten, ob sich das unter dem neuen Geldgeber zukünftig ändern wird. Lars Tunçay

Chernobylite

Chernobylite

Entwickler + Publisher: The Farm 51 / Plattform: PC, Konsolen kommen später / Preis: 20 €

Mit dieser »Zone« stimmt etwas ganz und gar nicht, das wissen Leser des Romans »Picknick am Wegesrand« gleich nach den ersten Seiten. Im sowjetischen SciFi-Klassiker der Brüder Strugatzki aus dem Jahr 1971 entsteht durch eine außerirdische Kraft die sogenannte Zone, in der allerlei seltsame Dinge geschehen. Abenteurer und Schatzjäger, die Stalker, wagen sich hinein und suchen nach wertvollen Artefakten. Hätten die Strugatzki-Brüder ihre Idee im 21. Jahrhundert in einem Computerspiel umgesetzt, es hätte wie »Chernobylite« aussehen können. In dem Survival-Spiel existiert die Zone um den havarierten Atomreaktor von Tschernobyl. Anders als im Spiel »Stalker« (2004) ist »Chernobylite« ein SciFi-Game. Das namensgebende Material ermöglicht uns, Wurmlöcher zu erzeugen, durch die wir reisen. Das ist praktisch, weil wir als Physiker in der Zone nach unserer Frau suchen, die im April 1986 spurlos verschwand. Unterwegs gründen wir eine Basis, bauen ein Team auf, suchen in kleineren Level-Gebieten nach Krimskrams und merken schnell: Das ist alles ganz schön öde. Auf der ständigen Suche nach »craftbarem« Material werden die fast fotorealistischen Level zur Staffage, sind nicht mehr als ein Vorwand für die immer gleiche Spielmechanik. »Chernobylite« wäre ein besserer »Walking Simulator« geworden. Hätten die Brüder Strugatzki das Spiel gesehen, sie hätten den Titel geändert in: »Sammelwahn am Wegesrand«. Alexander Praxl

Das Dschungelbuch (1994)

Das Dschungelbuch (1994)

Der Klassiker

Im Vorspann: Versuch’s mal mit Gemütlichkeit! Sekunden später: Game over. In diesem Spannungsverhältnis lebt »Das Dschungelbuch«. Das Spiel kommt aus einer Zeit, in der es ganz normal war, Kindern knüppelschwere Unterhaltung zwischen die Beine zu werfen. Fast 30 Jahre nach dem Disney-Film erschien die offizielle Umsetzung für das Sega-Mega-Drive und andere Konsolen. Sie löste vor allem optisch alles ein, worauf Disney-Fans zu hoffen wagten. Lebendig schwang Mogli seine schlaksigen Glieder durch den Dschungel, tanzte, schlug Salti und jonglierte mit Bananen. Die Etagen des Dschungels schichteten sich dicht übereinander. Jedes Level bot eine neue Welt, viele lehnten sich an legendäre Filmszenen an: Mit Elefanten marschieren! Oder planschen und sich fragen, wo Balu steckt. Doch vor allem gab es in jedem Level zahllose Affen auf Bäumen, die mit irgendwelchen Steinfrüchten warfen. Auf Mogli. All die Schlangen, Warzenschweine, Papageien und Skorpione waren in dieser Welt nicht etwa Moglis Freunde. Sie wollten ihn umbringen. Er musste sie besiegen. Das passte nicht zur Geschichte, aber irgendwoher müssen die Gegner in einem Jump’n’Run ja kommen. Bis heute gelten die Disney-Plattformer als technischer Höhepunkt des Sega-Mega-Drive. Und bis heute erinnern sich die Kinder von damals an den Frust hinter der Schönheit. Jan Bojaryn

Prince of Persia: The Lost Crown

Prince of Persia: The Lost Crown

Entwickler: Ubisoft Montpellier; Publisher: Ubisoft; Plattform: PC, PS4, PS5, Switch, Xbox One, Xbox Series; Preis: 50 €

Der Sand der Zeit ist lang verronnen: Fast 15 Jahre mussten die Fans des Prinzen auf einen legitimen Nachfolger warten. Vom lauwarmen Einspielergebnis der Verfilmung mit Jake Gyllenhaal musste man sich wohl erst mal erholen und den Glauben an die altgediente Serie wiedergewinnen. 2020 kündigte man ein aufwendiges Remake vom Glanzstück der Serie an, »Sands of Time«. Das lässt seitdem aber auf sich warten. Da ist ein 2-D-Intermezzo so willkommen wie kühles Nass in der endlosen Wüste. Noch dazu, wenn es so clever konstruiert ist: »The Lost Crown« ist ein schön verschachteltes Metroidvania in stilsicherer Comic-Optik. Die Kämpfe und Sprungpassagen gehen so geschmeidig von der Hand wie eh und je und immer, wenn Routine einsetzt, überraschen neue Fähigkeiten, die bisher unzugängliche Areale öffnen. Besonders lobenswert: In übersichtlichen Menüs lässt sich die Spielerfahrung dem eigenen Geschmack anpassen. Die Sprungpassagen leichter, die Kämpfe schwerer, die Wegführung einfacher – und wer dann immer noch scheitert, hat die Option, sich hinter der Passage aus einem Wurmloch ausspucken zu lassen. So bleibt der Prinz immer fair und trotzdem fordernd. Wobei, eigentlich ist der namensgebende Blaublüter ja diesmal gar nicht der Held des Abenteuers, sondern muss vielmehr gerettet werden. Den Job übernimmt Sargon, Teil der persischen Avengers. Macht aber nix, spielt sich trotzdem wie gewohnt und gewohnt gut. Lars Tunçay

The Cub

The Cub

Entwickler: Demagog; Publisher: Untold Tales; Plattform: PC, Playstation 4+, Switch; Preis: 15 €

Diese Science-Fiction-Satire klingt wie eine Verlängerung aktueller Nachrichten: In »The Cub« hat der Mensch die Erde unbewohnbar gemacht und die Reichsten sind auf eine Marssiedlung abgehauen. Der titelgebende Welpe ist ein Menschenkind im Urwald der sich selbst überlassenen Erde. Das Kind ist mutiert und kann deswegen die Luft atmen, durch die sich Menschen vom Mars nur mit Schutzhelm bewegen können. In einem früheren Spiel desselben Studios sind reiche Marsianer schon einmal zu den Ruinen der Erde geflogen, um dort als Touristen an ihrem Handicap zu arbeiten (»Golf Club Wasteland«). Nun machen sie Jagd auf das von Wölfen adoptierte Dschungelkind mit der wertvollen Mutation. Die Hintergrundgeschichte bleibt im Hintergrund, wird durch Kulissen, Radiosender und Fundstücke erzählt. Gespielt wird nur das akrobatische Menschenkind. Es ist auf der Flucht vor Keschern und Betäubungspfeilen. Sofort tödlich sind allerdings auch Dorngestrüpp, wütende Insekten, hungrige Krokodile, Säurebecken, herabfallende Bahnwaggons und alte Stromleitungen. Der Bezug auf brutale Jump’n’Run-Klassiker der Neunziger ist beabsichtigt (s. unten). Etwas weniger nervig ist »The Cub«, weil es den Fortschritt öfter abspeichert. Doch nervig bleibt es! Es ist fast unmöglich, die Geschichte zu durchqueren, ohne das Kind zu ersäufen, zu braten und zu zerquetschen. Ein Happy End ist möglich – aber extrem unwahrscheinlich. Jan Bojaryn

Ultros

Ultros

Entwickler: Hadoque, Publisher: Kepler Interactive, Plattform: PC, Playstation 4+, Preis: 25 €

Auch in einem Trip kann man sich verlaufen. In »Ultros« erwacht die Protagonistin im »Sarcophagus« – das ist der Name eines »kosmischen Uterus«, der im Weltall umhertreibt und ein uraltes, dämonisches Wesen beherbergt. Der Sarkophag ist eine Falle, und wer hineintappt, wird in einer Zeitschleife gefangen. Langsam, aber sicher werden alle hier wahnsinnig. Die abgefahrene Prämisse klingt nicht nur verdächtig nach irgendeinem jahrzehntealten, drogenschwangeren Comicalbum aus Frankreich – genau so sieht »Ultros« auch aus. Der in Indie-Kreisen hochverehrte Künstler El Huervo hat einen unfassbaren, überbordenden und überfordernden Look geschaffen. Alle Farben sind jederzeit auf dem Bildschirm zu sehen. Alles wuchert und schmatzt. Die Welt ist lebendig; die Heldin isst zur Heilung Körperteile und Innereien, die sie anderen Kreaturen aus dem Leib schneidet. Sie pflanzt Alienbäume und pflückt Obst, das wie Augäpfel aussieht. Auch Spielefans müssen das visuell erst einmal verarbeiten. Aber dann erkennen sie, dass »Ultros« ein Metroidvania ist, und sind angefixt. Denn hier fühlen sie sich zu Hause; dieses Genre lieben in der Szene wirklich fast alle. Metrowaniwas? Aus den Spieleklassikern »Metroid« und »Castlevania« wurde ein Kofferwort-Genre. In diesen Spielen geht es darum, sich in einer Welt zurechtzufinden, sie nach und nach zu erschließen. Die Heldin oder der Held hüpft und prügelt sich durch eine Welt, die sich zu einem Labyrinth verzweigt. Anfangs bleiben viele Wege hinter verschlossenen Türen oder Hindernissen unpassierbar. Erst mit neuen Werkzeugen und Kräften lassen sich die neuen Routen im Lauf des Spiels erkunden. Genau so funktioniert auch »Ultros«. Anfangs kann die Protagonistin beispielsweise nicht so weit springen. Dann findet sie einen merkwürdigen Apparat, mit dem sie doppelt so weit kommt. In den Jahrzehnten seit seiner Erfindung haben sich Konventionen entwickelt, wie so ein Metroidvania funktioniert. »Ultros« greift viele davon auf. (...) Jan Bojaryn

Papers Please (2013)

Papers Please (2013)

Der Klassiker

Hier ein paar Pixel, dort Farbkleckse. Mehr brauchte der Entwickler Lucas Pope nicht, um Spielerinnen und Spieler mit sich selbst zu konfrontieren. Die Sucht nach Belohnungen, nach schnellen Erfolgen wird ihnen in »Papers Please« zum Verhängnis. Gewinnen? Gibt’s in dem Indie-Spiel nicht. Stattdessen sitzt man in einer muffigen Einwanderungsstube. Der fiktive totalitäre Staat Arstotzka traut seinen Untergebenen nicht, und auch Immigration findet er verdächtig. Deshalb gibt er Spielerinnen und Spielern Anweisungen, wer alles einreisen darf und wer nicht. Menschen abfertigen ist dann schon das ganze Spiel: je mehr, desto besser, und umso mehr Kohle gibt es. Das Geld braucht man, um die eigene Familie durchzubringen. »Papers Please« erzeugt einen eigenartigen Flow, der beim Spielen irgendwo tief drinnen sticht. Es geht um den ermüdenden Balanceakt auf einem schmalen Grat: Nimmt man Schmiergelder an, schießt man auf Grenzverletzer, um dem eigenen Kind endlich die teuren Medikamente kaufen zu können? Eines jener kleinen Rädchen im Getriebe ist man, die noch die schlimmsten Diktaturen am Laufen halten. »Papers Please« besitzt 20 verschiedene Enden und feierte kürzlich sein 10-Jähriges. Ein einzelner Entwickler und minimale Technik hinterlassen mehr als die Großen des Mediums. Denis Gießler

Not for Broadcast

Not for Broadcast

Entwickler: Not Games; Publisher: Tiny Build; Plattform: PC, Meta Quest, PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S; Preis: 25 €

Man nehme ein Pfund »Mad TV«, füge eine Prise »Little Britain« hinzu und drehe das Ganze auf zwölf: »Not for Broadcast« sorgte mit seiner pythonesken Mischung aus beißender Satire und Trash-TV-Sim vor drei Jahren für Aufmerksamkeit. Der dystopische Propagandasimulator wirkt wie eine groteske Fortführung des Indie-Klassikers »Papers Please« (s. u.). Die Entwickler Alex Paterson und Jason Orbaum setzen uns Spielende in den Schaltraum einer nationalen News-Sendung. Der Protagonist Alex Winston ist eigentlich Klempner und landet unfreiwillig hinterm Mischpult. Jetzt ist es an ihm, die Kameras im Blick zu halten, Schimpfwörter zu zensieren und Werbung abzufahren. Dabei muss er die Stromzufuhr in dem maroden Sender ständig im Blick behalten und schließlich kommt noch eine Invasion amoklaufender Kuscheltiere hinzu, die den Kanal übernehmen wollen. Fast schon zu viel Stress, um die irren Szenen auf den Monitoren zu verfolgen und die moralisch richtige Wahl zu treffen, die über die Geschicke in diesem doch sehr deutlich ans Brexit-Britannien angelehnten Staat entscheidet. Die frisch erschienene VR-Version lässt die Spielenden selbst Hand anlegen und integriert die bisher erschienenen Zusatzepisoden – die unter anderem den Lockdown aufgreifen – in die Handlung. Die wird zwischendurch auch immer mal durch Texttafeln vorangetrieben, die in VR etwas ermüden. Aber die nächsten irren Videosequenzen mit selbstverliebten Gästen und herrlich inkompetenten Moderatoren sind nicht weit. Lars Tunçay

Turnip Boy robs a Bank

Turnip Boy robs a Bank

Entwickler: Snoozy Kazoo, Publisher: Graffiti Games, Plattform: PC, Switch, Xbox, Preis: 15 €

Wer dieses Spiel verstehen will, muss zuerst den ersten Teil durchleben: »Turnip Boy commits Tax Evasion« ist die kurze Geschichte eines freundlichen Rübenjungen, der von einer bösen Chefzwiebel dazu genötigt wird, plötzlich auftretende Steuerschulden mit allerlei Kurzarbeit abzugelten. Die Satire über Unterdrückung und Auflehnung sah aus wie ein verpixeltes Ur-Zelda und wurde getragen von witzigen Dialogen. Nach dem Ausbruch aus den Spielregeln des Systems macht Turnip Boy nun gemeinsame Sache mit einer verbrecherischen Gewürzgurke. Und raubt in der Fortsetzung eine Bank aus. Immer wieder. Vielleicht eher nicht den eigenen Kindern schenken – »Turnip Boy robs a Bank« steckt voller Witze über Waffen und Kriminalität. Und es besteht im Prinzip nur aus Bankraub, immer wieder an derselben Adresse, wo ein verwunschener Fahrstuhl immer auf neue, überraschende Etagen fährt. Der Rübenjunge kämpft gegen störende Cops und Securitys, plündert herumlungerndes Gemüse, sammelt Ausrüstung und Geld ein. Das braucht er alles, um beim nächsten Einbruch etwas erfolgreicher zu sein. Zwischen den Runden erholt er sich im Hauptquartier, trainiert und kauft neues Werkzeug. Jeder Bruch dauert nur ein paar Minuten. Und wäre nur milde amüsant, wenn da nicht die Welt wäre: Auch »Turnip Boy robs a Bank« lebt von zahlreichen Nebencharakteren, die alle etwas Witziges zu sagen haben. Das Ergebnis ist schlicht, aber gut. Jan Bojaryn