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A beautiful Day

A beautiful Day

Wuchtig

GB/F/USA 2017, 90 min, R: Lynne Ramsay, D: Joaquin Phoenix, Ekaterina Samsonov, Alex Manette Joe ist ein Getriebener. Das Leben jagte ihn erst durch die Hölle seiner gewalttätigen Kindheit, dann durch irgendeinen Krieg. Heute beseitigt der Ex-FBI-Agent als Auftragskiller zwielichtige Gestalten für schattenhafte Figuren. Als er ein minderjähriges Mädchen aus einem Pädophilenring befreien soll, wird der Auftrag persönlich. Die Flashbacks in seine schmerzhafte Vergangenheit nehmen überhand. »A Beautiful Day« trägt – trotz des deutschen Verleihtitels – nur wenig Schönheit in sich. Als Hard-Boiled-Rachethriller bietet er für das Arthouse-Publikum einen tiefen Blick in menschliche Abgründe. Lynne Ramsay (»We need to talk about Kevin«) adaptierte den Roman von Jonathan Ames als reduziertes Filmpuzzle, dessen Teile sich nur widerwillig zusammensetzen. Die Präsenz von Joaquin Phoenix in der Hauptrolle ist eindrücklich bis unheimlich. Mit einem Überfluss an Bauch und Haaren wirkt er wie ein Eremit der Unterschicht. Mit dem Hammer in der einen und dem Panzertape in der anderen Hand geht er zur Arbeit und wird zum Tier. Ein Nihilist, dem jedweder Glaube an irgendwas geraubt wurde. Johnny Greenwoods Musik dröhnt zu den schmutzigen Bildern von Thomas Townend. Rot ist die allgegenwärtige Farbe. Und dennoch ist »A Beautiful Day«, der im vergangenen Jahr unter dem kryptischen Originaltitel »You were never really there« im Wettbewerb von Cannes die Palmen für Drehbuch und Hauptdarsteller gewann, kein selbstverliebter Gewaltporno eines Nicolas Winding Refn (»The Neon Demon«). Unter der abstoßenden Schale steckt ein zärtlicher Kern, zu dem es sich vorzudringen lohnt. Vielfach wurde Ramseys Film mit Martin Scorseses Meisterwerk »Taxi Driver« verglichen. Parallelen zu De Niros Soziopathen sind vorhanden, »A Beautiful Day« ist aber mehr Genrefilm als Großstadtballade. Lars Tunçay


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