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Auf trockenen Gräsern

Auf trockenen Gräsern

TRK/F/D, R: Nuri Bilge Ceylan, D: Merve Dizdar, Ece Bağcı, Musab Ekici, 197 min

Einer der vielen kleinen Kinotrends der letzten Jahre besteht darin, dass namhafte Regisseure ihre eigene Sinnsuche in Bilder übersetzen. Paolo Sorrentino wäre da gleich mehrfach zu nennen, genau wie Hollywood-Regisseur Alejandro González Iñárritu mit seinem Film »Bardo«. Der türkische Filmemacher Nuri Bilge Ceylan braucht den Vergleich mit solchen Größen nicht zu scheuen. Sein neuestes Werk erzählt von dem Kunstlehrer Samet, der aus Istanbul zum Pflichtdienst nach Anatolien versetzt wurde. Nach vier Jahren Dienst auf dem Dorf und unter widrigsten Bedingungen, möchte er nur zurück in die Stadt. Doch dann tauchen plötzlich Missbrauchsvorwürfe auf. Samet und sein Kollege Kenan sollen zwei Schülerinnen belästigt haben. Was als Me-too-Fall funktionieren könnte, ist hier Anlass für den Protagonisten, sich endgültig seiner Midlife-Crisis zu überlassen. Schwankend zwischen Selbstgerechtigkeit und Selbstmitleid wähnt er sich über den anderen, bis er der Englischlehrerin Nuray begegnet, gespielt von Merve Dizdar, die dafür in Cannes die Goldene Palme als beste Darstellerin gewann. »Auf trockenen Gräsern« erzählt all das in etwas mehr als drei Stunden. Trotz dieser stattlichen Länge wird der Film nie langweilig. Ein starker Cast, ausgiebige Dialoge und eigenwillige Kameraaufnahmen entfalten eine Stimmung, der man sich gerne überlässt. Am Ende wünscht man sich fast, man könnte mit am Feuer sitzen, wenn draußen wieder der Wind heult. Josef Braun


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