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Alle reden übers Wetter

Alle reden übers Wetter

D 2022, R: Annika Pinske, D: Anne Schäfer, Judith Hofmann, Marcel Kohler, 89 min

Clara, 39, promoviert in Berlin am philosophischen Seminar zum Freiheitsbegriff bei Hegel. Eingangs sehen wir eine durchgehend verspannte Protagonistin, die scheinbar nicht in der Lage ist, Emotionen zu zeigen. Weder gegenüber ihrer autoritären Professorin Margot, mit der sie eine eigenwillige Freundschaft pflegt, noch gegenüber ihrem Studenten Max, mit dem sie eine Affäre hat. Clara kommt aus einfachen Verhältnissen in einem Dorf in Mecklenburg-Vorpommern. Der Spagat zwischen den beiden Welten wird ihr zunehmend unmöglich. Auf einer philosophischen Dinnerparty findet sie sich zwischen abgehobenen und zynischen Akademikerinnen und Akademikern wieder. Beim Wochenendbesuch auf dem Land mit ihrer eigenen Tochter Emma, fremdelt sie mit dem Dorfleben. Um ihren Punkt zu machen, wühlt Regisseurin Annika Pinske in »Alle reden übers Wetter« ganz schön tief in der Klischee-Kiste. Auf dem Land unterhält man sich über Schnittchen, während man am Kreuzberger Küchentisch über strukturellen Rassismus diskutiert. In Meck-Pomm säuft man aus Plastikbechern und tanzt zu den Toten Hosen, während man auf der philosophischen Dinnerparty in Berlin mit hochgezogener Augenbraue aus den Goldrandgläsern nippt. Die akademische Selbstbeobachtung und die Versöhnung mit der eigenen ostdeutschen Identität hätten auch klischeeärmer funktioniert. Umgekehrt zeigt der Film ein sicheres Gespür für Situationskomik. Am gelungensten ist Pinskes Debüt da, wo sich diese ungezwungen entfalten darf und all die scheinbaren Gegensätze ausradiert. Sarah Nägele


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