Cyberpunk 2077
Entwickler und Publisher: CD Projekt Red, Plattform: PS5, Xbox Series X/S, PC, Preis: 30 € für die Erweiterung + 60 € fürs Basisspiel
In der gar nicht so fernen Zukunft von »Phantom Liberty« reichen sich Abfuck und Bellezza die schmutzigen Hände. Night City heißt die Riesenstadt, in der Träume wie Seifenblasen zerplatzen
und gleichzeitig unerreichte Erfolgsgeschichten geschrieben werden. Prunk und Punk existieren in diesem Gigaplex dicht beieinander: Reiche Corpos wohnen abgeschottet in gated communities, in der freien Wildbahn der Straßen herrscht pures Chaos. Das rührt auch daher, dass Mega-Konzerne in jeder Facette das Leben der Menschen bestimmen – Kapitalismus im Endstadium. Viel Humanität ist da nicht mehr übrig, die große Mehrheit hat die neuen technologischen Möglichkeiten mit offenen Armen empfangen. Implantierte Chipbuchsen sorgen für einen rasanten Zugang ins Netz, Roboterextremitäte und -organe steigern die körperlichen Fähigkeiten auf Superhelden-Niveau. Wenn man so eine Dystopie nicht real erleben muss, kann das sogar Spaß machen. Eskapisten
suchen und finden gerne das Schöne im Hässlichen. »Cyberpunk 2077« hatte vor rund drei Jahren
einen ziemlich üblen Start. Himmelhohe Erwartungen und viele Bugs sorgten für Ernüchterung und Enttäuschung bei der Community. Aber was lange währt, wird endlich gut: Mit der ersten (und einzigen) Erweiterung »Phantom Liberty« ist »Cyberpunk« Jahre nach dem Release nun das Spiel, das es immer sein wollte. Fehlerfrei, stimmig und immersiv. Protagonist (oder Protagonistin) V ist
immer noch kognitiv mit einem abgehalfterten und eigentlich längst toten Rockstar verschmolzen. Keanu Reeves als Johnny Silverhand ist hier nicht so schlimm wie in »John Wick«, dafür ähnlich legendär wie in »Bill & Teds verrückte Reise durch die Zeit«. Im anarchischen Distrikt Dogtown
sucht V nach Heilung – körperlich und spirituell. Zuerst einmal findet sie oder er aber Idris Elba, der in seiner Rolle als Geheimagent beweist, dass er auch »James Bond« gekonnt hätte. Drum herum spielt die Welt verrückt und ergibt sich in obszöner Schönheit. (...) Alberto Balsam