Favoriten
AT 2024, Dok, R: Ruth Beckermann, 90 min
Ruth Beckermann (»Waldheims Walzer«) gehört zu den profiliertesten Regisseurinnen Österreichs. Dok Leipzig hat ihr vor einer Weile sogar eine Werkschau gewidmet. Nun kommt ihr neuester Film in die Kinos. Für »Favoriten« begleitete Beckermann drei Jahre die Integrationsklasse einer Wiener Volksschule (die der deutschen Grundschule entspricht). Das Material, das sie währenddessen sammeln konnte, erzeugt beim Zuschauen rasch Nähe zu den 25 Schülerinnen und Schülern sowie ihrer Lehrerin Ilkay Idiskut. Die Kamera ist dabei, wenn zwei Kinder am Tisch leise miteinander streiten. Sie fängt Unterricht ein, ebenso Ausflüge zum Stephansdom oder in eine Moschee. Je älter die Schülerinnen und Schüler wurden, desto häufiger hat Beckermann sie beteiligt. Sequenzen im Stil von Heimvideos bringen die kindliche Perspektive vollends zur Geltung. Mit ihren Handys filmen sich die Kinder dabei, wie sie über einen Wochenmarkt schlendern. Gegenseitig jagen sie sich über den Pausenhof und drehen Aufnahmen von Fragestunden zu Träumen, Ängsten, dem Land der Herkunft oder ihren Hobbys. Schade ist, dass die Eltern bei all dem ein wenig zu kurz kommen. Gerade für diese Klasse hätte man über manche Elternhäuser gerne mehr erfahren. Auch Herausforderungen, wie Druck von zuhause oder die mangelnde Personaldecke an der Schule werden zwar aufgezeigt, aber nicht weiter verhandelt. Man könnte das kritisieren. Doch das hieße zu verkennen, was der Film so eindrücklich zeigt: Wie Integration gelingt, im Kleinen und jeden Tag. Josef Braun