Lorelei and the Laser Eyes
Entwickler: Simogo, Publisher: Annapurna Interactive, Plattform: PC, Switch, Preis: 23 €
Die Entwicklung eines guten Spiels ist planbar. Es gibt Beispiele, Lehrsätze, Best Practices und Formeln. Und Spiele, die sich an den Plan halten, seien vor allem eines: »ziemlich langweilig«. Gesagt hat das Martin Rolén, Programmierer für das neue Rätselspiel »Lorelei and the Laser Eyes«. Er hat recht. Spielefans können das sofort nachfühlen – und wer im Leben mehr als fünf »Tatorte« oder mindestens drei Filme aus dem Marvel-Cinematic-Universe gesehen hat, kann es auch. Wer die richtigen Vorbilder imitiert, erhält verlässliche, aber überraschungsfreie Unterhaltung. Deswegen brauchen wir Spielestudios wie Simogo: zwei Künstler und eine Reihe
von Kollaborateuren, die in Malmö auf sehr unaufgeregte Weise unerhörte Kunstwerke produzieren.
Simogo machen Spiele, die sich erkennbar aufeinander beziehen, aber alle völlig anders aussehen. Abgründige Folklore in »Year Walk«, ausufernde Textlandschaften in »Device 6«, explodierender Pop in »Sayonara Wild Hearts« und jetzt die nächste Zumutung: ein einziges spielbares Fragezeichen. Es ist sehr leicht zu bedienen, jeder Knopf auf dem Controller
macht exakt dasselbe; unmöglich fühlt es sich trotzdem an. Haben wir uns nicht irgendwo schon einmal gesehen?
Anfangs steht eine Frau neben einem Auto im italienischen Wald. Wer auf eine Erklärung hofft, muss schon selbst darauf kommen, die Bedienungsanleitung aus dem Handschuhfach zu ziehen. Die Szene ist monochrom, das ganze Spiel schwarzweiß, nur Computerbildschirme und Augen leuchten rot. »Lorelei and the Laser Eyes« zitiert mit einem grob gerenderten Herrenhaus in dramatischen Kameraperspektiven den Horror-Klassiker »Resident Evil«. Aber es bezieht sich nicht nur auf andere Spiele. Der Schwebezustand in verschachtelten Meta-Geschichten fühlt sich bei Romanen von Paul Auster ganz ähnlich an. Und die Bildsprache mit erstarrten Menschen in barocker Umgebung ist sehr direkt vom Nouvelle-Vague-Filmklassiker »Letztes Jahr in Marienbad« abgeschaut. (...) Jan Bojaryn