Madame Sidonie in Japan
F/D/J/CH 2023, R: Élise Girard, D: Isabelle Huppert, Tsuyoshi Ihara, August Diehl, 95 min
Sidonie Perceval weiß nicht so recht, was sie antworten soll, als die Zollbeamten bei ihrer Einreise nach Japan fragen, ob sie Schriftstellerin sei, so wie es in ihrem Pass steht. Denn seit dem Unfalltod ihres Mannes hat sie nichts mehr zu Papier gebracht. Da die Werke, mit denen die Französin einst bekannt wurde, nun neu ins Japanische übersetzt wurden, hat sie sich widerwillig auf eine Lese- und Interviewreise eingelassen. Begleitet wird die aufgewühlte Autorin dabei von ihrem unterkühlten japanischen Verleger Mizoguchi. Als Sidonie in den unterschiedlichen Hotelzimmern ihrer Reise immer wieder der Geist ihres toten Mannes begegnet, stellt das für Mizoguchi nichts Ungewöhnliches dar. Wahrscheinlich schwelt einfach noch etwas Unausgesprochenes zwischen den beiden Eheleuten. – Élise Girards Film baut sich langsam und meditativ auf. Auf seiner inhaltlichen Ebene passiert vergleichsweise wenig. Deswegen sollte man unbedingt in der richtigen Stimmung sein, um sich auf den Film einzulassen. Denn die Regisseurin hat die besondere Atmosphäre sowie die für viele Europäer noch immer fremd wirkende japanische Lebensweise in den Mittelpunkt gerückt. Isabelle Huppert nimmt uns mit auf diese Reise. In kleinen, liebevoll und dezent eingestreuten Details kommt es dabei immer wieder zu kulturellen Missverständnissen, die dem Publikum ein Schmunzeln entlocken. Erinnerungen werden wach an die Japan-Filme Doris Dörries (zuletzt »Kirschblüten und Dämonen«), die sich ebenfalls mit Vergänglichkeit und Geistererscheinungen auseinandersetzen. Frank Brenner