Tag - The Power of Paint

Mao Zedong brachte 1915 in den Waschräumen seiner Universität in Changsha angeblich eine über 4.000 Zeichen lange Schmähschrift über seine Lehrer und die chinesische Gesellschaft an. Damit hält er laut Guinnessbuch den Weltrekord für das Graffito mit den meisten Zeichen. Den wird man bei »Tag - The Power of Paint« wahrscheinlich auch nicht mehr knacken. Im Graffitti-Jargon ist der »Tag« [tæg] (engl. für Markierung, Etikett, Schild) so was wie die Unterschrift und das Signaturkürzel eines Sprühers. Der Tag stellt das Pseudonym des Künstlers dar. Studenten vom DigiPen Institute of Technology in Redmond, Washington haben Graffitikunst mit Plattformspiel in Ego-Perspektive kombiniert. Am Ende steht endlich mal wieder eine innovative Spielidee: Mit drei verschiedenen Farben ausgerüstet muss man sich malenderweise den Weg zum Ausgang des Levels bahnen. Besprüht man den Boden oder die Wände mit grüner Farbe, wird die Oberfläche elastisch und man kann wie auf einem Trampolin über Hindernisse hüpfen. Blaue Farbe sorgt dafür, dass man an Wänden festklebt. Besonders wichtig wird das später im Spiel, wenn die Hindernisse richtig hoch sind. Besprüht man eine Stelle mit roter Farbe, bewirkt das einen Geschwindigkeitsschub beim Drüberlaufen.Wenn man sich mal vermalt hat, kann man mit der rechten Maustaste die Farbe löschen. Das wars, mehr Steuerungsmöglichkeiten gibt es nicht. Auf den ersten Blick recht karg und unspektakulär, reißen die tolle Spielidee und die gelungene Umsetzung alles raus. Manchmal wird »Tag - The Power of Paint« ganz schön knifflig - eine Menge Spaß macht es immer. Das Spiel hat bei den diesjährigen Awards des Independent Games Festival den Preis für das beste studentische Projekt gewonnen. Das Spiel ist kostenlos und unbedingt unterstützenswert! Marc Bohländer