The Dinner

USA 2017, 120 min, R: Oren Moverman, D: Steve Coogan, Richard Gere, Laura Linney Paul ist nervös. Am liebsten würde er das Essen mit seinem Bruder Stan absagen. Aber der sagte, es sei wichtig, und seine Frau Claire bestärkt Paul darin, ihn zu sehen. Der einflussreiche Politiker erscheint mit seiner Partnerin Katelyn und seiner Entourage in dem piekfeinen Sternerestaurant, und so entwickelt sich ein vor allem für den Zuschauer unvorhergesehener Abend, denn mit jedem Gang eröffnen sich neue Abgründe. Die zwei Teenagersöhne der beiden Paare haben eine unvorstellbare Tat begangen und nun stehen die Erziehungsberechtigten vor der Wahl: Sollen sie mit der Wahrheit ans Licht und ihren Söhnen so vielleicht die Zukunft verbauen, oder sollen sie es verschweigen? Die moralische Zwickmühle um den Schutz der eigenen Kinder und der gesellschaftlichen Verantwortung setzte der Roman »The Dinner« des niederländischen Autors Herman Koch gekonnt in Szene. Zweimal wurde er bereits für die Leinwand adaptiert, neben dem heimischen »Het Diner« 2013 auch als italienische Version ein Jahr später. Oren Moverman setzt die erste englischsprachige Fassung als moralisch spannendes Kammerspiel exzellenter Schauspieler in Szene. Richard Gere passt perfekt in die Rolle des aalglatten Staatsmanns, an seiner Seite überzeugt Rebecca Hall und Laura Linney an der von Steve Coogan, der die Idealbesetzung für den zynischen, psychisch labilen Paul ist und mit seinen trockenen Kommentaren immer wieder für Lacher sorgt. Über zwei Stunden entspinnt sich ein cleveres Spiel mit Schuld und Moral. Wenn sich die Erzählung jedoch aus der kammerspielartigen Atmosphäre des Restaurants bewegt, verliert sie an Dichte. Besonders die psychotische Obsession Pauls für den amerikanischen Bürgerkrieg fügt sich nur schwer in den Plot. Die geschliffenen Dialoge und die exquisite Besetzung machen die Adaption, die ihre Premiere im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale feierte, dennoch sehenswert. Lars Tunçay