anzeige
anzeige
Aftersun

Aftersun

GB/USA 2021, R: Charlotte Wells, D: Paul Mescal, Frankie Corio, Celia Rowlson-Hall, 102 min

Genau wie Träume am nächsten Morgen verflüchtigen sich auch die Erinnerungen an die unendlichen Stunden gelebten Lebens mit der Zeit, da helfen auch Tagebücher nur bedingt. Das ist auch der Grund, weshalb sich Charlotte Wells’ beeindruckendes Filmdebüt »Aftersun« nicht in erster Linie aus Worten zusammensetzt, sondern aus Eindrücken. Die elfjährige Sophie und ihr Vater Calum urlauben in einem türkischen Ferienresort; es ist wohl der letzte Sommer in dieser konkreten Konstellation. Die beiden sind ein gutes Team, können mit Abstand und Nähe umgehen und respektieren die Grenzen des anderen. Nichts Unbotmäßiges fällt vor, doch die Atmosphäre des Films siedelt immer am Rande des Unheimlichen. Später versteht man, dass man es mit einer Rückblende zu tun hat, doch die erzählt kaum etwas Spezifisches, sondern knöpft sich die Struktur der Erinnerung an sich vor. Was in den Tiefen der Vergangenheit nach und nach verschwimmt, ist für die Dauer von »Aftersun« wieder zurück an der Oberfläche. Schwer zu sagen, wie der Regisseurin diese Gefühlstransplantation gelingt. Der Film ist nicht nur ein stilles Spektakel, sondern wirkt auch erzählerisch wie etwas völlig Neues und Unverbrauchtes. Am Ende fühlt es sich an, als hätte man anderthalb Stunden unter Hypnose verbracht und bei der Gelegenheit sein Unterbewusstsein aufgeräumt. »Aftersun« erinnert sich an mehr, als die meisten Menschen vergessen. MARKUS HOCKENBRINK


Weitere Empfehlungen