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Anhell69

Anhell69

KOL/RUM/FRA 2022, Dok, R: Theo Montoya, 72 min

Kolumbien wurde viele Jahre von Korruption, Polizeigewalt und einer rechtsextremen Regierung dominiert. Theo Montoya kam 1992 in Medellín zur Welt und wuchs wie viele seiner gleichaltrigen Freunde ohne Vater auf. Mit seiner Clique wollte er einen Horrorfilm über Geister drehen, doch sein potenzieller Hauptdarsteller, der auf Instagram »Anhell69« hieß, kam kurz nach dem Casting mit 21 Jahren ums Leben. Camilo Najar, so sein bürgerlicher Name, blieb nicht der Einzige aus Montoyas Freundeskreis, der viel zu früh verstarb. Ihm und sieben weiteren jung Verstorbenen ist dieser kunstvolle Essayfilm gewidmet, der Dokumentaraufnahmen aus einem Land der Unruhen und des Protests mit Interviewszenen und Ansätzen des eigentlich geplanten fiktionalen Films verwebt. In Letzterem geht es um Spektrophilie, also den Sex mit Geistern, die hier sinnbildlich für die Queerness der meisten Beteiligten verwendet wird. Es leben zwar mehr LGBTs in Medellín als in jeder anderen kolumbianischen Stadt, sie sind aber auch dort nicht vor gewalttätigen Übergriffen geschützt. Viele von Montoyas Freunden sagen in den Interviews, dass sie im Hier und Jetzt leben, dass Zukunft für sie keine Bedeutung hat. Dass zwei von ihnen schon kurze Zeit danach tot waren, unterstreicht diesen Fatalismus. Ein atmosphärisch stimmungsvolles Filmexperiment, das auf der DOK Leipzig mit der Goldenen Taube ausgezeichnet wurde. Frank Brenner


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