Baldiga – Entsichertes Herz
D 2024, Dok, R: Markus Stein, 92 min
Berlin ist heute ein Schmelztiegel der Künstler aus aller Welt, die hier zu sich selbst finden und sich verwirklichen wollen. Das war auch schon Ende der 1970er Jahre der Fall, als der Essener Arbeitersohn Jürgen Baldiga (1959-1993) dort sein Eldorado fand. Erst in Berlin konnte er der Spießigkeit seines Elternhauses entgehen und zu seiner Homosexualität stehen. Er wollte auf jeden Fall auffallen, und damit war er seinerzeit in Berlin nicht der Einzige. Nachdem er zunächst als Stricher sein Geld verdiente, kam er rasch mit der Künstlerszene in Kontakt und wurde zur Muse des Malers Salomé. Danach entdeckte Baldiga sein eigenes Talent als Fotograf stimmungsvoller Schwarz-Weiß-Aufnahmen, in denen er sein persönliches Umfeld, die Subkultur der zweigeteilten Stadt, festhielt. Nach »Unter Männern – Schwul in der DDR« haben sich Markus Stein und der Leipziger Autor Ringo Rösener mit »Baldiga – Entsichertes Herz« erneut der queeren deutschen Vergangenheit gewidmet. Dank umfangreicher Tagebuchaufzeichnungen Baldigas und dessen ungewöhnlicher Arbeiten lassen die beiden dessen Œuvre und Charakter eindrucksvoll wieder zum Leben erwachen. Ergänzt durch aktuelle Interviews von Weggefährtinnen und historischen Super-8- und Videoaufnahmen zeichnen sie dabei nicht nur ein spannendes, viel zu kurzes Künstlerleben nach, sondern rekonstruieren auch das queere Lebensgefühl jener Zeit. Frank Brenner