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Blutsauger

Blutsauger

D 2022, R: Julian Radlmaier, D: Aleksandre Koberidze, Lilith Stangenberg, Alexander Herbst, 128 min

Marx am Ostseestrand: Allein die Verbindung von Thema und Setting lässt eine Spur der Eigenwilligkeit ausmachen, die den neuen Film von Julian Radlmaier (»Selbstkritik eines bürgerlichen Hundes«) durchzieht. »Das Kapital ist verstorbne Arbeit, die sich nur vampirmäßig belebt durch Einsaugung lebendiger Arbeit« – aus dieser Metapher, dem »Kapital« entnommen, entspinnt sich Radlmaiers marxistisch-marxkritisches Schelmenstück: Rund um das Ostsee-Anwesen der Fabrikbesitzerin Flambow-Jansen (hinreißend flamboyant: Lilith Stangenberg) dreht ein Haufen exzentrischer Gestalten im Jahre 1928 einen Vampirfilm. Beteiligt sind neben Flambow-Jansen selbst auch ein sowjetischer Baron sowie Madames »persönlicher Assistent« Jacob. Die Dreharbeiten interferieren mit amourösen Absichten, auch mehren sich die Zeichen, dass auf dem Anwesen echte Vampire ihr Unwesen treiben … Den irren Mehrfachspagat zwischen ernsthaftem Marx-Close-Reading und sommerlicher Vampirkomödie entfaltet Radlmaier ganz entspannt im Zwischenreich der Groteske. Das macht besonders viel Spaß, wenn es in manchen Szenen so hemmungslos ins Alberne gleitet, dass es an den frühen Helge Schneider grenzt. Von der Coca-Cola-Dose am Dinnertisch bis zum Schneckenschleim am Sakko-Ärmel – hier thront jedes (anachronistische) Detail am rechten Platz, und eine frivole Moral gibt es auch: Kapitalismus kostet Leben, aber wir lieben ihn trotzdem, denn er ist sexy und alternativlos. Karin Jirsak


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