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Davide Enia: Schiffbruch vor Lampedusa

Davide Enia: Schiffbruch vor Lampedusa

Davide Enia: Schiffbruch vor Lampedusa. 238 S.

Der italienische Dramatiker Davide Enia ist oft nach Lampedusa gefahren, hat mit Menschen gesprochen, hat beobachtet und aufgeschrieben. Für seinen Roman »Schiffbruch vor Lampedusa« sucht er nach Spuren dessen, was nie erzählt werden kann – nach all den Geschichten, die keine Erzählerinnen mehr haben. Das Wesentliche bleibt ungesagt, das Ungesagte ist das Fundament des zu Erzählenden. »Auf Lampedusa sagte ein Fischer zu mir: ›Weißt du, was für Fische wir hier neuerdings wieder haben? Seebarsche.‹ Er zündete sich eine Zigarette und verfiel in ein tiefes Schweigen. ›Und weißt du, warum die Seebarsche zurückgekommen sind? Weißt du, wovon sie sich ernähren? Genau.‹ Enia erzählt eine persönliche Lampedusa-Geschichte: über die Insel, sich selbst und die Beziehung zu seinem Vater und dem sterbenden Onkel Beppe. Er bringt das auf Papier, was er als Dramatiker des italienischen Erzähltheaters teatro di narrazione sonst auf die Bühne bringt. Und obwohl das Schweigen eine tragende Rolle spielt, wird in diesem Buch viel geredet. Enia spricht von seinem Roman als Sammlung von Notizen – und es sind vor allem diese bruchstückhaften Notizen der Lampedusanerinnen, von denen das Buch lebt. Ein Buch über Mut und Menschlichkeit. So erschütternd und berührend, dass man beim Lesen oft weinen möchte, weinen aus Verzweiflung, aus Rührung und aus Respekt. »Wenn du drei Leute vor dir hast, die untergehen, und fünf Meter weiter ertrinkt eine Mutter mit ihrem Kind – was machst du dann? Wohin schwimmst du?« »Rechnen – das ist alles, was man in so einer Situation tun kann. Mathematik. Drei sind mehr als zwei. Drei Leben sind ein Leben mehr.« Denn das ist das Gesetz des Meeres: »Hier retten wir Leben. Auf See ist jedes Leben heilig. Wenn jemand Hilfe braucht, retten wir ihn, Hautfarbe, Rasse, Religion – völlig egal. Das ist das Gesetz des Meeres.« Martina Lisa


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