Lorenza Foschini
Und der Wind weht durch unsere Seelen. Marcel Proust und Reynaldo Hahn. Eine Geschichte von Liebe und Freundschaft. Aus dem Italienischen von Peter Klöss. München: Nagel und Kimche 2021. 237 S., 22 €
Lorenza Foschini.
Das Leben des Schriftstellers, schrieb Marcel Proust, sei in seinem Werk. Und doch gibt es, wenn große Werke vorliegen, ein Interesse an jenem ›anderen‹ Leben eines Schriftstellers, das Proust zufolge nur eine zu beschreibende Illusion darstellt. Nur eine Illusion? Dieses Leben kann auch eine Liebe sein – etwa die Liebe Marcel Prousts zum Komponisten Reynaldo Hahn. Über die Lektüre von Prousts Romanteil »Eine Liebe von Swann« und durch den Ankauf eines Briefes von Reynaldo Hahn an Marcel Proust kam die Autorin der vorliegenden Publikation zu ihrem Thema. Die Beschreibung des Verhältnisses zwischen Reynaldo Hahn und Marcel Proust gelingt ihr mit so viel Sachkenntnis (bis hin zur Einbeziehung unveröffentlichter Quellen) wie Einfühlungsvermögen.
Durch die knappen Kapitel des Buches gestaltet sich die Lektüre kurzweilig, und die schöne Ausstattung des Bandes erhöht die Lesefreude. Die Stadien dieser Liebe, aber auch die anderen Personen, die von ihr Kenntnis hatten zu einer Zeit, als homosexuelle Beziehungen keinesfalls allgemein akzeptiert waren, werden dem Leser vor Augen gestellt, fast möchte man sagen: ans Herz gelegt.
Im Mai 1894 kommt es zur ersten Begegnung zwischen Reynaldo Hahn, dem trotz seiner jungen Jahre schon berühmten Komponisten, Pianisten und Sänger, und dem noch völlig unbekannten, drei Jahre älteren Marcel Proust, den als Schriftsteller zu bezeichnen seine wenigen literarischen Versuche noch lange nicht hinreichen. Es entsteht eine leidenschaftliche Liebesbeziehung – für beide die erste. Doch schon zwei Jahre später, im Herbst 1896, kommt sie, hauptsächlich bedingt durch Prousts Eifersucht und seine inquisitorische Überwachung des Geliebten, an ihr Ende. Was bleibt, ist eine bis zum Tode Prousts dauernde Freundschaft. Angelika Corbineau-Hoffmann