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Der Hauptmann

Der Hauptmann

Posse des Entsetzens

D/F/PL 2017, R: Robert Schwentke, D: Max Hubacher, Milan Peschel, Frederick Lau, 118 min

D/F/PL 2017, 118 min, R: Robert Schwentke, D: Max Hubacher, Milan Peschel, Frederick Lau Als Zuschauer ist man bei »Der Hauptmann« nicht nur zu Filmbeginn orientierungslos: In selten gewordenen Schwarzweißbildern beobachtet man, wie ein junger deutscher Gefreiter von einer Gruppe Landsleute durch einen Wald gejagt wird. Nur mit viel Glück kann er dem Erschießungstod entkommen. Es sind die letzten Tage des Zweiten Weltkriegs und Willi Herold ist offenbar einer von vielen Soldaten, die nur noch ihre Haut retten wollen. Diese mutmaßliche Motivation – der Film bleibt hier absichtlich vage – wandelt sich, als der 19-Jährige in einem verlassenen Auto die Uniform eines Hauptmanns findet, die ihm perfekt passt und in der er wenig später einen fremden Gefreiten dazu bringt, nach seiner Pfeife zu tanzen. Das ist der Auftakt zu einer grauenhaften Geschichte, die sich so ähnlich tatsächlich im April 1945 abgespielt hat. Denn Willi Herold gab es wirklich: Als »Henker vom Emsland« ließ er unter Vorgabe einer falschen Identität in und um ein Strafgefangenenlager fast zweihundert Deserteure und Zivilisten ermorden, zunächst möglicherweise, um seine Tarnung aufrechtzuerhalten, wahrscheinlicher aber aus purer Macht- und Mordlust. In dem Lager spielt auch der überwiegende Teil der Filmhandlung, in der jeder versucht, im eigenen freien Fall und dem des Dritten Reiches gegen Untergebene auszuteilen. Finsterer Höhepunkt ist ein Kasinoabend, der an Sequenzen aus Tarantinos »Inglourious Basterds« erinnert, immer groteskere Züge annimmt und schließlich in einem Massaker gipfelt, das einem die Kehle zuschnürt. Max Hubacher (aktuell auch in »König Ubu / Ubus Prozess« am Schauspielhaus) verleiht dem psychopathischen »Hauptmann« zwei Gesichter, während Regisseur Robert Schwentke sich nach seinen Hollywood-Ausflügen des Stoffes annimmt und ihn am bizarren Ende sogar bis in die Gegenwart führt. Peter Hoch


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