Der Spatz im Kamin
CH 2024, R: Ramon Zürcher, D: Maren Eggert, Britta Hammelstein, Luise Heyer, 117 min
Mit nur zwei Spielfilmen positionierten sich die Schweizer Zwillinge Roman und Silvan Zürcher als zwei der interessantesten Filmemacher Europas. Ihre Familienaufstellung »Das merkwürdige Kätzchen« sorgte vor elf Jahren bei der Berlinale für Aufsehen. Der Nachfolger »Das Mädchen und die Spinne« gewann dort 2021 den Preis der internationalen Filmkritik. Mit »Der Spatz im Kamin«, den Ramon erstmals allein inszenierte und Silvan produzierte, schließt sich nun die Trilogie der Tiere. Wobei die drei Filme eigentlich inhaltlich nicht zusammenhängen. Was ihnen gemein ist, ist das genaue Beobachten familiärer Dynamiken und menschlicher Verhaltensweisen. Unbeteiligt geht die Kamera dabei stets auf Distanz und ist den Emotionen dank der durchweg bemerkenswerten Schauspielerinnen und Schauspieler doch ganz nah. Auch bei dem Familientreffen von Karen und Jule. Die Schwestern verbindet eine traumatische Kindheit unter der dominanten Mutter. Während Jule frisch verliebt und gerade Mutter geworden ist, hat Karen nicht nur das Haus ihrer Kindheit geerbt, sondern auch viel von der eigenen Mutter, die ihre Familie tyrannisierte. Ihr passiv-aggressives Verhalten und die unausgesprochenen Geheimnisse, die unter der Oberfläche brodeln sorgen für ein verbales Blutvergießen mit messerscharfen Dialogen. LARS TUNÇAY