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Die Bologna-Entführung

Die Bologna-Entführung

I/F/D 2023, R: Marco Bellocchio, D: Paolo Pierobon, Enea Sala, Leonardo Maltese, 135 min

Das Leben der jüdischen Familie Mortare Mitte des 19. Jahrhunderts in Bologna: Die Kinder spielen Verstecken und vor dem Einschlafen beten sie auf Hebräisch. Dabei halten sie sich eine Hand vors Gesicht, verdecken symbolisch die Augen vor Gott. – Und schon schlägt die Geschichte in dieses friedliche Leben ein: Soldaten dringen ins Haus ein und nehmen den kleinen Edgardo mit. Denn er wurde ohne das Wissen seiner Eltern von einer Hausangestellten getauft. Davon hat die Kirche Wind bekommen und nun soll das Kind in einem katholischen Priesterinternat erzogen werden. Die religiöse Welt dort ist das ganze Gegenteil der organischen jüdischen Spiritualität im familiären Kreis. Regisseur Marco Bellocchio (»Il Traditore«) vollführt einen Abgesang auf eine Welt, die so immer weniger existiert: Messgesänge, die Pracht der Kirchen, all die Bilder von Heiligen und von Jesus am Kreuz. Das Judentum selbst lehnt Bilder dagegen ab, weil Gott nicht erfassbar sei. Die katholische Tradition produziert eine regelrechte Bilderflut, die in ihrem Überfluss im Endeffekt dasselbe zeigen will. Für diese Zugänge hat sich Marco Bellocchio wohl interessiert. Denn die Psychologie der Figuren geht in seinem Film ein wenig unter. Offen bleibt, warum Edgardo sich immer mehr dem Katholizismus zuwendet. Vielleicht, weil der wuchtigere Bilder hergibt? Inhaltlich überzeugt »Die Bologna-Entführung« nicht, ist dafür aber ästhetisch mitunter wohltuend überfordernd. Daniel Emmerling


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