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Die Linie

Die Linie

F/CH/B 2022, R: Ursula Meier, D: Stéphanie Blanchoud, Valeria Bruni Tedeschi, Elli Spagnolo, 103 min

Die Filme von Ursula Meier (»Winterdieb«) setzen sich immer wieder mit dysfunktionalen Familien auseinander. Auch das Verhältnis zwischen Margaret und ihrer alleinerziehenden Mutter Christina ist gestört. Das wird gleich zu Beginn in einer vierminütigen Eröffnungssequenz überdeutlich. In der erleben wir in Zeitlupe, wie die rasende Tochter die familiäre Wohnung zerlegt und schließlich ihre Mutter niederschlägt, bevor sie gewaltsam aus dem Haus geworfen wird. Die Mutter, eine selbstverliebte Pianistin, ist fortan auf einem Ohr taub, die Tochter ohne Wohnsitz. Sie wird dazu verurteilt, dem Elternhaus auf 100 Meter fernzubleiben. Immer wieder nähert sie sich jedoch, bis die jüngere Schwester Marion schließlich eine Linie um das Haus zieht, an der Margaret Tage und Nächte verbringt. Die kleine Marion hat am meisten unter den Spannungen zu leiden, während die mittlere Schwester Louise mit ihrer Schwangerschaft beschäftigt ist. Das Leiden der Mutter und ihre passive Aggressivität zersetzen das familiäre Gefüge. Das ist anstrengend gut gespielt von Valeria Bruni Tedeschi. Auch ohne zeitliche Rückgriffe begreift man die Dynamiken, die zu diesem Punkt geführt haben. Margarets Wunsch nach Nähe und der Impuls zur Flucht sorgen für die realistische Reibung in diesem Familienporträt. Regisseurin Ursula Meier sucht nach einem Mittelweg, aber ist der bei allem gegenseitig zugefügte Schmerz überhaupt möglich? Lars Tunçay


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