Im Juni 1942 reist der zwanzigjährige Pasolini als Teil einer faschistischen Jugendorganisation nach Weimar. Dort unterhält er sich vor allem über Literatur, lässt die nationalsozialistische Propaganda über sich ergehen und schreibt im Anschluss einen kurzen Bericht: »Italienische
Kultur und europäische Kultur in Weimar«. Dieser Text, nun zum ersten Mal ins Deutsche
gebracht, bildet den Kern eines schmalen Aufsatzbandes zu Pasolinis Aufwachsen im italienischen Faschismus. Das Anliegen: Pasolini in seinen Widersprüchen zeigen, in »seiner Zerrissenheit« und jenseits »zurechtgezimmerter Bilder«, wie die Autorin Monika Lustig formuliert. Nur leider überzeugt das Ergebnis nicht. Zwar gibt es lesenswerte Abschnitte zu Pasolinis Vater, einem Militär und Anhänger Mussolinis, zu Pasolinis intellektueller Entwicklung und auch zu den
deutsch-italienischen Beziehungen jener Zeit, alles in allem aber bleibt die Darstellung flach, geprägt von Wiederholungen und auch von Pathos. Zudem macht Pasolinis kleiner Weimar-Aufsatz nicht viel her. Ihn als »Kern seines Antifaschismus« zu interpretieren, scheint überzogen. Und die These von Co-Autor Florian Baranyi, Pasolini übe sich in dem Aufsatz in einer Art von »Double speak«, bleibt Behauptung. Anschaulicher und klarer dagegen ist das Buch von Valerio Curcio über Pasolinis Liebe zum Fußball, die erst einmal erstaunt: Pasolini, ewiger Verächter von Massenkultur und Kapitalismus, ein Fußballfan? Doch in seiner Begeisterung für den Sport kommt er einem so nah wie selten. Curcio schildert Pasolinis lebenslange Bewunderung für die Spieler des FC Bologna, seine jugendliche Spielwut im italienischen Friaul, auch eine legendäre Partie
zwischen den Casts von Pasolinis »Salò« und Bernardo Bertoluccis »1900« – wobei Pasolini mitspielte, während Bertolucci sich drückte. Wie nebenbei beschreibt Curcio wichtige Stationen in Pasolinis kurzem Leben und auch die Rolle des Fußballs in seinem literarischen und filmischen
Werk. (...) Maurus Jacobs