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Tauno Vahter

Tauno Vahter

Die 11 Fluchten des Madis Jefferson. Salzburg/Wien: Residenz 2024. 256 S., 25 €

Tauno Vahter.

machtAuch in Estland werden Schelmenromane geschrie-ben. Doch nicht jeder ist ein Cervantes. Diese dünne Weisheit belegt Tauno Vahter in seinem brä-sigen Roman, der laut Klappentext in Estland einen renommierten Preis bekam. Wir folgen der traurigen Lebensgeschichte des estnischen Matrosen Madis Jefferson, der im zarten Alter von acht Jahren erstmals aus seiner Heimat abhaut: weil ihn keiner lieb hat, der Landstrich öde ist und die Menschen gemein sind. Schnell wird er am Hafen geschnappt und wieder nach Hause geschickt. Dort erwartet ihn die sorgengeplagte Mutter. Nun heißt es für Madis, auf die nächste Gelegenheit zur Flucht zu warten. Zwölf Jahre nach der ersten Flucht schafft er es endlich per Schiff nach Afrika und über die Fremdenlegion bis in die USA. Anstatt dort ein halbwegs freies Leben mit seiner Geliebten zu führen, kehrt er aus jugendlichem Leichtsinn und erfüllt von der Botschaft des Kommunismus nach Estland zurück, wo er Partei-funktionär wird. Als die Deutschen die Sowjetunion überfallen, flieht er mit den sowjetischen Besatzern nach Osten. Plötzlich beginnt ihn unterwegs das Gewissen zu plagen, er bricht mit den Kommunisten, erfindet eine amerikanische Identität und versucht die nächsten 45 Jahre, in die USA zu flüchten. Gulag, Psychiatrie, Sibirien, Lubjanka, Arbeitsplatzbindung, dem armen Madis und uns geduldigen Lesern bleibt in der Folge kein Klischee und kein Fettnäpfchen erspart. Verpackt in eine öde Sprache, ist dieser gedrechselte Roman weder schelmisch noch hinreißend. Frank Willmann


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