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Florian Wacker: Stromland

Florian Wacker: Stromland

Florian Wacker: Stromland. 352 S.

Florian Wackers Romandebüt »Stromland« beginnt vielversprechend: Unmittelbar, derb, temporeich. Wacker erzählt von den Europäern, die sich im 18. Jahrhundert in Peru, in einer neuen, besseren Welt, ansiedeln. Doch kaum hat sich der Leser eingelassen auf den Groove von Abenteuer, Rache, Liebe, Blut und Tod, überrascht ihn ein krasser Szenenwechsel. Plötzlich befindet er sich im kleinbürgerlichen Deutschland der 1970er und 80er-Jahre. Die Zwillinge Irina und Thomas wachsen in Frankfurt am Main auf. Thomas brennt für den Film und schließt sich der Crew um Werner Herzog und Klaus Kinski an, die am Amazonas »Fitzcarraldo« dreht. Er schickt Briefe nach Hause, aber irgendwann bleiben die Nachrichten aus. Daraufhin machen sich Irina und ihr Partner nach Peru auf, um Thomas zu finden. Dass sie dabei im Grunde nicht nur ihren Bruder, sondern auch sich selbst sucht, liegt sehr schnell und leider allzu offensichtlich auf der Hand. So schleppt sich der Roman nach dem fulminanten Start über lange Strecken betulich, sentimental und ohne jede Spannung dahin, als hätte ihn plötzlich ein anderer Autor weitergeschrieben. Vor der Halbzeit kommt unerwartet doch noch Thrillerfeeling auf, das aber bedauerlicherweise mit dem Schluss der Episode wieder versickert. Es verlangt dem Leser viel Disziplin ab, Irinas Selbstfindungstrip in all seiner Ausführlichkeit bis zum Ende zu begleiten, um herauszufinden, ob die Geschichte ein Wiedersehen mit dem Zwillingsbruder bereithält. Schade, gerade der exotische Schauplatz hätte reichlich Gelegenheit für welthaltiges und spannendes Erzählen geboten. Doch Wacker nutzt ihn nur als Kulisse für die übliche deutsche Selbstbespiegelung. Yvonne Fiedler


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