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Geovani Martins

Geovani Martins

Via Ápia. Aus dem brasilianischen Portugiesisch von Nicolai von Schweder-Schreiner. Berlin: Suhrkamp 2023. 333 S., 25 €

Geovani Martins.

Die Via Appia ist jener Weg, der seit Tausenden von Jahren nach Rom führt. Die Via Ápia aber liegt in Rio de Janeiro in der Favela Rocinha, wo auch Geovani Martins herkommt. Wer hier lebt, befindet sich eher in einer Sackgasse als auf dem Weg nach Europa – so wie die fünf Männer Anfang 20, um die Martins’ Romanhandlung kreist. Sie leben von Mahlzeit zu Mahlzeit, Job zu Job, Joint zu Joint. Es lohnt sich, vor der Lektüre einen virtuellen Spaziergang durch die Straßen Rocinhas zu machen, um zu verstehen: Es ist eine Stadt in der Stadt, nur eben illegal errichtet und organisiert von Drogenbossen. Hier wurde ein Stück zeitgenössische brasilianische Geschichte geschrieben, als die Polizei im Jahr 2011 versuchte, die Favela gewaltsam aufzulösen – in Vorbereitung auf die Fußball-WM. Dieses Ereignis steht im Mittelpunkt des Romans: Einer der jungen Männer – Murilo – ist Soldat. Er hat Angst davor, die eigene Nachbarschaft stürmen zu müssen. Ein anderer – Wesley – hatte auf ein Motorrad gespart, um Taxifahrer zu werden. Doch jetzt bräuchte er ein teureres, mit richtigen Papieren. Das Leben in Illegalität war der Normalzustand – und wenn es so abrupt endet, steht man plötzlich noch verlorener da. Und doch: Die jungen Männer fühlen sich verbunden mit dem Stück Land in den Hügeln, das schon von Tupi, Puri, Botocudo und Maxakalí bevölkert wurde: »Ich kann so lange wegbleiben, wie ich will, ich gehöre immer noch hierher.« Pauline Reinhardt


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