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Melanie Katz (Hg.)

Melanie Katz (Hg.)

Die einsamen Begräbnisse. Poetische Nachrufe auf vergessene Leben. Zürich: Limmat 2023. 216 S., 28 €

Melanie Katz (Hg.).

Einsame Begräbnisse sind nicht die Regel, doch kommen sie immer wieder vor, und durch gesellschaftliche Prozesse wie Individualisierung und Anonymisierung wird ihre Zahl wahrscheinlich auch in Zukunft noch weiter ansteigen«, heißt es im Vorwort zu diesem Buchprojekt. Das Dichterinnen-Projekt »Das Einsame Begräbnis«, 2001 in den Niederlanden gestartet, gibt es mittlerweile auch in Belgien und in der Schweiz. Dort hat es die deutsch-schweizerische Dichterin Melanie Katz ins Leben gerufen, eine angesichts des Themas seltsame und dennoch treffliche Formulierung, geht es dabei doch um Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen niemanden haben, der oder die sie verabschieden könnte. Das Gedicht als letztes Geleit also. Das Gedicht als die letzte, festgehaltene Spur eines verflossenen Lebens. Eine poetische Auflehnung gegen das Vergessen, ein Gestus gegen die Einsamkeit – nicht nur im Tod, auch im Leben. Einmal im Jahr findet in Zürich ein Gemeinschaftsbegräbnis aller einsam Verstorbenen statt, dank dieses Projekts in Begleitung von Dichterinnen und Dichtern. Zuvor bekommt jede »Dichterin vom Dienst« die Daten der Verstorbenen zugeteilt, meist den Namen und den letzten Wohnsitz – dann beginnt die Recherche. Manchmal treffen sie dabei auf jemanden aus der Nachbarschaft, bekommen Hinweise oder gar Fotos zu sehen, manchmal stehen sie vor einem leeren Haus. 37 so entstandene Gedichte, meist begleitet von einem Recherchebericht, hat der Limmat-Verlag nun in Buchform veröffentlicht. Ergänzt um ein Vorwort von Melanie Katz und Terry Eagleton sowie vier Dichterinnen-Essays versammelt der Band Texte von elf Dichterinnen und Dichtern. Texte, die berühren, nachdenklich machen, aber auch ein leises Lächeln auf die Lippen zaubern. Ein kleines Geschenk ist dieses Buch, eine poetische Huldigung des Lebens. Martina Lisa


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