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Florian Weiß und Lucia Jay von Seldeneck: Ich werde über diese Merkwürdigkeit noch etwas drucken lassen

Florian Weiß und Lucia Jay von Seldeneck: Ich werde über diese Merkwürdigkeit noch etwas drucken lassen

Florian Weiß und Lucia Jay von Seldeneck: Ich werde über diese Merkwürdigkeit noch etwas drucken lassen. 196 S.

Im Jahre 1937 kam dem Eisenbahningenieur und Hobby-Entomologen Oskar Scheibel ein vier Jahre zuvor in einer Höhle der Julischen Alpen gefundener 4,5 Millimeter langer brauner und augenloser Käfer unter die Lupe. Weil sich die Art als unbekannt herausstellte, verpasste Scheibel ihr den Namen »Anophtalmus hitleri«, und zwar aus Verehrung für den »Herrn Reichskanzler Adolf Hitler«. Dummerweise ließ sich nach 1945 das Vieh nicht wieder umbenennen, die Regeln der zoologischen Nomenklatur sind da unerbittlich: Einmal Hitler, immer Hitler. Zugegebenermaßen ist das schon eine außergewöhnlich zu Herzen gehende Story aus Florian Weiß` und Lucia Jay von Seldenecks prachtvollen »Tiermeldungen aus zwei Jahrtausenden«. Aber auch sonst herrscht an kuriosen Schmankerln kein Mangel. Nehmen wir den international renommierten Quallen-Experten Hirohito, hauptberuflich 124. Tenno von Japan. Um ihn ständig mit neuen Forschungsobjekten zu versorgen, fuhr eigens ein kaiserlicher Fischkutter aufs Meer hinaus. Wenn ein besonders interessanter Fang gelang, musste ein Kammerherr ein Haiko darauf dichten. Oder der Storch, der 1822 über Mecklenburg abgeschossen wurde und in dessen Hals ein Pfeil aus tropischem Holz steckte – der Beweis, dass Störche im Winter bis nach Afrika fliegen. Der Band ist aber nicht nur eine Blütenlese wissenswerter und skurriler Tiergeschichten, er zeichnet sich auch durch seine sehr aufwändige und liebevolle Gestaltung aus. Gerade die ausklappbaren Illustrationen machen ihn zu einem der schönsten Bücher, die in diesem Jahr erschienen sind. Übrigens hat dem kleinen braunen Käfer sein Name kein Glück gebracht. Neonazis aus aller Welt jagen ihm als einer begehrenswerten Trophäe nach, was »Anophtalmus hitleri« an den Rand des Aussterbens gebracht hat. Olaf Schmidt


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