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Jahrhundertfrauen

Jahrhundertfrauen

Entwicklungshilfe

USA 2017, 119 min, R: Mike Mills, D: Annette Bening, Greta Gerwig, Elle Fanning Mike Mills ist eines jener raren Geschenke des US-Kinos. Als Regisseur von Musikvideos machte er sich in den Neunzigern einen Namen. Schon die waren kleine Filme. Insbesondere seine Zusammenarbeit mit Air zum Album »Moon Safari« brachte einige einzigartige Kurzfilme hervor. Seit seinem Debüt »Thumbsucker« beschenkt der 51-Jährige uns alle fünf, sechs Jahre mit einem Spielfilm. Zuletzt die einfühlsame Vater-Sohn-Geschichte »Beginners«, nun geht es um Frauen. Wobei der deutsche Titel irritiert. Eigentlich geht es um »20th Century Women«, wie der Film im Original heißt - allerdings mit einem perspektivischen Kniff. Denn erzählt wird die Geschichte Ende der Siebziger aus der Perspektive eines Jungen: Der Teenager Jamie wächst ohne Vater auf. Seine Beziehung zur Mutter Dorothea ist entspannt. Seine beste Freundin Julie wird allmählich zu mehr als nur einer Sandkastenliebe. Dann ist da noch Abbie, ein künstlerischer Freigeist, die zur Untermiete wohnt. Als seine Mutter den Handwerker William ins Haus holt, tut sie dies auch für Jamie. Mit der aufkeimenden Pubertät fühlt sie sich überfordert und denkt, ihr Sohn braucht eine männliche Bezugsperson. Mit denen hält es Dorothea aber nie lange aus. Alle Protagonisten befinden sich an einem Scheideweg und sie reden darüber. Es gibt wenig, das unausgesprochen bleibt. Doch die Dialoge sind die größte Stärke an Mills‹ Drehbuch, das von der menschlichen Wärme zwischen den Zeilen und dem großartigen Ensemble, allen voran »Muttertier« Annette Bening, zum Leben erweckt wird. Das realistische Bild der amerikanischen Gesellschaft an der Schwelle der Achtziger, als die Hippie-Ideale vom Kapitalismus eingeholt wurden, betrachtet aus der Perspektive eines Jungen auf der Schwelle zum Erwachsenwerden - Mike Mills ist mit »Jahrhundertfrauen« ein leises Meisterwerk gelungen. Lars Tunçay


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