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Klas Östergren

Klas Östergren

Virtuos, doch wo bleibt der Dandy? - Klas Östergrens dritter Roman auf Deutsch: »Porträt eines Dandys«

Klas Östergren. 544 S.

Einen »Meister des Erzählens« nannte ihn die Welt, seine Bücher schlügen ein »wie Bomben«, schrieb Spiegel online - die Erwartungen an ein neues Werk des schwedischen Bestsellerautors Klas Östergren sind hoch. Nach »Gentlemen« und »Gangster« erschien nun »Porträt eines Dandys« auf Deutsch. Der Titel - im Original heißt der Roman »Den sista cigaretten« - führt in die Irre. Weder der Konzeptkünstler und Geschäftemacher Jörgen, der den Dandy darstellen soll, noch Nils von Dardels Gemälde »Der sterbende Dandy«, dem eine tragende Rolle zukommt, rechtfertigen ihn. Denn der Kern der Östergren‹schen Erzählung liegt nicht in der Beschreibung eines narzisstisch versnobten Individuums, auf das die Rezensentin mindestens 200 Seiten lang gewartet hat. Worum geht es stattdessen? Der Schriftsteller und Ich-Erzähler Claes lebt mit Frau und Kindern auf einem abgelegenen Vierseithof auf dem Lande. In einem kleinen Kino begegnet er Madeleine, die er vor vielen Jahren heiß begehrte, aber nie bekam. Die Vergangenheit holt ihn ein. Er blickt zurück, rekonstruiert Ereignisse, setzt sich mit einem düsteren Kapitel seines Lebens auseinander und zeichnet dabei ein überaus lebendiges und spannendes Bild der achtziger und neunziger Jahre. In das Beziehungschaos der jungen Intellektuellen flicht er den beginnenden Wahnsinn hochspekulativer Aktiengeschäfte ebenso gekonnt ein, wie er die Verirrungen und Geschmacklosigkeiten eines überdrehten Kunstmarktes freilegt. Durch die Jahrzehnte mäandernd erzählt er, die gesellschaftliche Ebene nie aus den Augen verlierend, die Geschichte seiner fragilen Liebes- und Beziehungsgeflechte. Zum Schluss - zurück in der Gegenwart - hat er vieles Verdrängte entwirrt und mit so manchem seinen Frieden geschlossen. Und Östergrens Stil, Witz und Bildung geben diesem virtuos geschriebenen Roman die Würze für ein gelungenes literarisches Mahl. Da vergisst man sogar das Warten auf den Dandy. Daniela Krien


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