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Kristina Schilke: Elefanten treffen

Kristina Schilke: Elefanten treffen

Kristina Schilke: Elefanten treffen. 224 S.

Schon der Titel des Debütromans von Kristina Schilke klingt etwas absonderlich: »Elefanten treffen«. Das steht für eine Gruppe begeisterter Motorradfahrer, die einmal im Jahr durch Waldesreuth knattert und sich dann zum Saufgelage im Wald trifft. Überhaupt ist das Dorf ein Kabinett der Absurditäten: Da ist die Versicherungsangestellte Sarah, die nichts mehr liebt als ihre Wellensittiche und nächtelang Pornos guckt, das frühreife Gesangstalent Marianne mit den Leopardengeckos und schließlich der Hund Plummi, der sich in die Schuhputzstation des Nachbarn verliebt. Insgesamt dreizehn Erzählungen finden in »Elefanten treffen« Platz, und mindestens genauso viele Leben werden angerissen. Wirklich glücklich ist keine der Figuren. Überall lauern Krankheit und Tod, jeder von ihnen hat mindestens eine merkwürdige Neurose. Ihr Leben in Waldesreuth ist voller Unbehagen, sich selbst, anderen und der Welt gegenüber. Zwischendurch blitzen kurze Glücksmomente auf – und vergehen mit der nächsten Erzählung. Der eigentliche Protagonist des Romans ist aber das Dorf selbst. Alle Figuren leben hier, alle sind auf irgendeine Weise miteinander verbunden. Über Nachbarschaftsbeziehungen, flüchtige Begegnungen und manchmal durch die Liebe. Die Zeit hat in diesem Beziehungsgeflecht ihren eigenen Rhythmus: Winter und Sommer wechseln sich ab, Figuren, die in einem Nebensatz längst gestorben sind, erstehen im nächsten Kapitel wieder auf. Die Erzählungen wirken wie ein Kaleidoskop des Dorflebens. Die Figuren bleiben dabei leider oft flüchtig. Ständig wird in der Tombola der Dorfgemeinde gewühlt und ein neuer, fremder Name taucht auf. So verstreuen sie fleißig ihr Bündel biografischer Informationen und bleiben dem Leser trotzdem fern. Das liegt nicht zuletzt an der Sprache. Die ist cool, lässig – ein bisschen zu glatt. Die Autorin benutzt kein Wort zu viel. Selten hält man inne und freut sich etwa über einen verrückten Ausdruck oder über eine ungewöhnliche Beschreibung. In Waldesreuth, diesem Prototyp des deutschen Landidylls, klagen alle immerzu über Langeweile. Hier fühlt man sich in Sicherheit. Und doch lauern hinter vorgezogenen Gardinen zu viele Geheimnisse. Die sind manchmal interessant und aufwühlend, manchmal banal. So steht der Roman am Ende fast sinnbildlich für das, was er transportieren will. So schön er zeitweise auch sein kann, irgendwie sehnt sich der Leser, genau wie seine Figuren, nach etwas Besserem. Maria Kraja


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