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Markus Orths

Markus Orths

Das verflixte zweite Buch - Mit »Hirngespinste« hat Markus Orths mehr als eine Literaturbetriebssatire geschrieben

Markus Orths. 160 S.

Ein einziger Satz zerstört alle Hoffnungen des Debütanten Martin Kranich: »Das zweite Buch ist eh immer Kacke«, nuschelt sein Verleger ins Telefon und wirft den Hörer auf die Gabel. Dabei hat der einstige Lehrer mit seinem ersten Buch, einer Schulbetriebssatire, doch einen veritablen Verkaufserfolg gelandet. Wieso gibt der Verleger der Literaturbetriebssatire »Schreib, Maschine« dann keine Chance? Könnte ihm vielleicht ein zehnbändiger Romanzyklus über den Grafen von Saint-Germain besser gefallen? Und wie um alles in der Welt transportieren eigentlich andere Autoren, die während einer dreiwöchigen Lesereise jeden Abend einen Wein geschenkt bekommen, all diese Flaschen unbeschadet nach Hause?Der Roman »Hirngespinste« spielt mit allen bekannten und weniger bekannten Klischees des Literaturbetriebs, und sein Autor Markus Orths hat mit seinem Protagonisten zwei Dinge gemeinsam: Genau wie Martin Kranich hat Orths einmal als Lehrer gearbeitet. Und auch Orths hat vor Jahren eine Schulbetriebssatire veröffentlicht, den Roman »Lehrerzimmer«. Doch damit hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf. Und das ist gut so, denn es verdeutlicht, dass »Hirngespinste« ganz anders als sein fiktiver Romanzwilling »Schreib, Maschine« nicht das Produkt eines Autors ist, der nach dem ersten Erfolg nichts mehr zu erzählen hat. Ganz im Gegenteil, »Hirngespinste« ist ein rasanter Roman rund um »Onkeldramaturgie« und »präfuturistische Autoren« und in seinen besten Momenten wahnsinnig komisch. Etwa wenn Kranich Verleger-Autoren-Briefwechsel wälzt, um sich auf die einstündige Autofahrt mit seinem Verleger vorzubereiten. Oder wenn er feststellt, dass der Literaturbetrieb genau wie der Schulbetrieb auf den vier Säulen »Angst, Jammer, Schein und Lüge« ruht. Gleichzeitig ist »Hirngespinste« weit mehr als eine Literaturbetriebssatire: Der Roman erzählt die altbekannte Geschichte über einen Menschen, der an seinen eigenen hohen Ansprüchen scheitert und bis zum Schluss nicht begreift, dass nicht er selbst, sondern eben diese Ansprüche schuld daran sind. Katharina Bendixen


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