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NBA2K

NBA2K

Asozialer Airball

Entwickler: Visual Concepts, Preis: 50 €

Lange Zeit war die Basketball-Simulation »NBA2K« jedes Jahr aufs Neue die Referenz bei Sportspielen. Auf der einen Seite standen das ausgeklügelte Gameplay und die Steuerung, die die richtige Balance zwischen Einfach- und Versiertheit fand. Auf der anderen Seite implementierte die Reihe vermehrt rollenspielerische Aspekte, um die Fähigkeiten der Korbjäger besser ausdrücken und darstellen zu können. Das Sahnehäubchen war schließlich der Karrieremodus, in dem man einen unbekannten Baller in den Liga-Olymp führte. Und dieser Weg wurde bild- und wortgewaltig inszeniert, so dass neben dem Geschehen auf dem Court auch eine virtuelle Realität abseits des Platzes existierte. Jede Dynastie findet mal ein Ende. Das ist im echten Basketball so (Celtics, Lakers, Bulls) und auch bei Videospielen nicht anders. War schon die vom New Yorker Regisseur Spike Lee erdachte Story aus »NBA 2K17« klischeebeladen und allenfalls halbseiden authentisch, fahren die Entwickler den Story-Mode in diesem Jahr komplett an die Wand. Ein übergeordneter Plot existiert nicht. Dafür werden die Matches von belanglosem Gefasel mit Werbepartnern, der besten Freundin, dem Agenten, einem Sicherheitsmann in der Arena oder dem Mop Boy (das ist der, der den Schweiß von Parkett wischt) unterbrochen. Überspringen lassen sich die Zwischenszenen nicht. So kann es schon mal vorkommen, dass man eine Viertelstunde lang doof-stereotypischem Hiphop-Baller-Gelaber hilf- und wehrlos ausgeliefert ist. Leider ist das nur eins von vielen Problemen. Über die technischen Schwächen lässt sich als Fan mit viel gutem Willen noch der Mantel des Schweigens legen. Beim nicht mal sonderlich versteckten Micropayment-Modell fällt das schwer. Denn an jeder Ecke hält ein Avatar oder ein Menü die Hand nach VC (Virtual Currency, die Währung im Spiel) auf. Egal, ob man einen neuen Haarschnitt, ein Tattoo, ein paar neue Sneaker für seinen Korbjäger will – es kostet. Die Moneten erntet man natürlich auch mit Leistungen im Training und den Spielen, schneller kommt man aber mit echtem Geld dran. Mit dringend benötigten Patches könnte »2K« noch die gröbsten Schnitzer ausmerzen. Trotzdem ist »2K18« im Vergleich zu seinen Vorgängern ein deutlicher Rückschritt. Im Neighborhood, einem Straßenzug, der Open World vorgaukelt, läuft man sich die Füße wund, um von A nach B zu kommen. Das ist lustig, aber bringt das Spiel an sich in keinem Maße weiter. Immerhin funktioniert in diesem Jahr der sogenannte »face scan« ziemlich gut. Dabei filmt man mit einer Handy-App die eigene Fresse, die dann für den eigenen Avatar errechnet wird – mit überaus realistischen Ergebnissen. Es lässt sich nicht einfach ignorieren, wenn ein Vollpreis-Titel ein Geschäftsmodell integriert, das in gewisser Weise auf dem Prinzip »free to play – pay to win« basiert. Und darunter leidet leider auch der Spielspaß. Die Wahrheit ist zwar bekanntlich immer noch auf dem Platz, und da stimmt das meiste. Electronic Arts schickt mit »NBA live« in diesem Jahr übrigens wieder einen direkten Konkurrenten in den Ring. Und wie man so hört, ist der gar nicht so schlecht. Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Marc Bohländer


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