Noch bin ich nicht, wer ich sein möchte
CZ/SK/Ö 2024, Dok, R: Klára Tasovská, 90 min
Erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs erfuhren die fotografischen Arbeiten der 1952 in Prag geborenen Libuše Jarcovjáková die ihnen zustehende Anerkennung. Seit dem Prager Frühling 1968 hat Jarcovjáková Tausende Fotos geschossen. Sie zeigen sozialistische Arbeitende in einer Druckerei, vietnamesische Gastarbeiterinnen und -arbeiter in der Tschechoslowakei, Impressionen vom Leben der Roma oder aus dem einzigen Schwulenclub Prags. Bei den kommunistischen Machthabern eckte sie mit ihren Arbeiten an, im Ausland blieb sie unbekannt, auch wenn ihr eine Reise nach Japan genehmigt wurde. Klára Tasovská hat mit »Noch bin ich nicht, wer ich sein möchte« einen Essayfilm gedreht, in dem fast ausnahmslos Fotografien Jarcovjákovás aneinandergereiht und mit von ihr gelesenen Auszügen aus ihren Tagebüchern unterlegt sind. Der Film ist damit fast zu einem Selbstporträt geworden. Aufgrund der Fülle der Arbeiten wird rasch deren künstlerische Qualität deutlich. Trotzdem sind auch etliche Schnappschüsse darunter, wie man sie heutzutage aus sozialen Medien nur allzu gut kennt. Gleichwohl tragen auch sie in diesem Film dazu bei, das Bild von der Künstlerin und ihrem Wesen abzurunden und greifbarer zu machen. Die Chronologie bricht 1989 mit dem Fall der Berliner Mauer ab, den Jarcovjáková ebenfalls hautnah miterlebt hat. Was danach noch kam, wird in einem zeitrafferähnlichen Schnelldurchlauf nur noch angerissen. Frank Brenner