anzeige
anzeige
Saint Omer

Saint Omer

F 2022, R: Alice Diop, D: Kayije Kagame, Guslagie Malanda, Valérie Dréville, 123 min

Die 30-jährige Rama führt ein Leben, wie man es aus dem französischen Kino zur Genüge kennt: Sie ist Universitätsdozentin und erfolgreiche Schriftstellerin, ihr Freund ein sympathischer Musiker. Gemeinsam wohnen sie in einer gemütlichen Pariser Wohnung. So weit, so gewöhnlich, das Publikum erwartet an dieser Stelle vielleicht, dass sich Rama in einen anderen Mann verliebt oder andersherum entdeckt, dass ihr Freund sich mit fremden Frauen trifft. Doch statt eine Affäre zu beginnen, steigt Rama eines Tages in den Zug nach Saint-Omer, um dort als Beobachterin einem Prozess beizuwohnen: Die Senegalesin Laurence Coly wird vor einem Schwurgericht angeklagt, ihr Baby getötet zu haben. Während des Prozesses bekennt sie sich schuldig, behauptet allerdings, verhext worden zu sein. Die Geschichte beruht auf einem wahren Fall, den Regisseurin Alice Diop (»Nous«) 2016 noch als Dokumentarfilmerin begleitete, ehe sie sich entschied, darüber ihren ersten Spielfilm zu drehen. In warmen, lichtgesättigten Farben folgt »Saint Omer« dem Prozessverlauf. Lange Einstellungen zeigen die beiden Schauspielerinnen Kayije Kagame und Guslagie Malanda, die grandiose Leistungen abliefern. Obwohl sie nie miteinander reden, spürt man beim Zusehen immer ihre Verbindungslinien und wartet die ganze Zeit auf den Moment, in dem sich ihre zurückgehaltenen Gefühle endlich Bahn brechen. Auch wenn die Auflösung etwas holzschnittartig daherkommt, »Saint Omer« ist ein überzeugendes Spielfilmdebüt JOSEF BRAUN


Weitere Empfehlungen