Sparta
AU/D/F 2022, R: Ulrich Seidl, D: Georg Friedrich, Florentina Elena Pop, Hans-Michael Rehberg, 99 min
Eigentlich wollte Ulrich Seidl die Geschichte der Brüder Richie und Ewald in einem Film erzählen. Aus »Böse Spiele« sind nun zwei Geschichten geworden, die ihren Ausgangspunkt im Heim haben, wo der demente Nazi-Vater vor sich hindämmert. Während wir allerdings in »Rimini« dem gescheiterten Schlagersänger Richie Bravo dabei zusahen, wie er in Italien von seiner Vergangenheit eingeholt wird, weicht der tragikomische Ton bei »Sparta« vollends der Seidlschen Tristesse. Wie Richie hat auch Ewald die Heimat verlassen und sucht in Rumänien sein Glück. Augenscheinlich hat er es in Aurica gefunden, doch während sie von der Heirat träumt, tobt Ewald lieber auf dem Bett mit ihren Cousins. Seine sexuelle Insuffizienz offenbart endgültig, dass Ewald seine wahren Gefühle unterdrückt. Er verlässt Aurica und reist in die rumänische Provinz. Dort findet er ein leerstehendes Schulhaus und bietet Judotraining für Kinder an. Während die Kids froh sind, aus dem oftmals von Gewalt und Alkohol geprägten Elternhäusern auszubrechen, nutzt Ewald die Intimität, um seiner Neigung nachzugehen, ohne ihr jedoch vollends nachzugeben. Der moralische Grat, auf dem Seidl hier wandelt, ist dünn. In der Folge gab es Vorwürfe im Spiegel, Kinder seien beim Dreh unangemessen behandelt worden, die der Regisseur und sein Team abwiesen. Auch abseits dessen ist »Sparta« ein ambivalenter Film, der Seidl-typisch dorthin geht, wo es weh tut, zumal Georg Friedrich den zwiespältigen Charakter schmerzhaft eindringlich verkörpert. Lars Tunçay