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SPK Komplex

SPK Komplex

Mach kaputt, was dich ...

D 2017, Dok, 111 min, R: Gerd Kroske Was 1970 als Versuch einer Abwendung von der institutionalisierten Psychiatrie begann, entwickelte sich in wenigen Jahren teilweise in eine radikale Richtung. Eine selbst organisierte Gruppentherapie führte zu Strafprozessen und zum Abtauchen einiger Patienten in der RAF. In Gerd Kroskes Dokumentarfilm wird dieser Werdegang des Sozialistischen Patientenkollektivs (SPK) materialreich nachgezeichnet. Ziel des in seiner Hochphase 500 Mitglieder umfassenden Kollektivs war die Abschaffung der klinischen Psychiatrie. Unter dem Kampfspruch »Aus der Krankheit eine Waffe machen« ging man davon aus, dass individuelles psychisches Leiden gesellschaftlich verursacht sei. Kapitalismus mache krank. Der Gesundung des Individuums müsse die der Gesellschaft vorangehen. Zentrum dieses Vorhabens war der charismatische Dr. Huber, der die katastrophalen Zustände der Psychiatrie nicht hinnahm. Gefeuert, nahm er etwa zwei Dutzend Patienten mit sich: Man besetzte ein Haus, las Hegel und Foucault, sprach in der Gruppe und in Einzelsitzungen mit Huber. Wie befreiend dies war, davon berichtet beispielsweise Carmen Roll, die erst dort die Selbstverständlichkeit ihres Lesbischseins annehmen konnte. Der grundlegend humanistische Ansatz wurde von der breiten Öffentlichkeit allerdings kriminalisiert. Spätestens als sich Sympathien zwischen SPK und RAF einstellten, kamen Vorwürfe von Missbrauchsverhältnissen auf: Patienten würden für politische Zwecke instrumentalisiert. Huber wurde zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt, womit die Geschichte des SPK nicht endete. Im Zusammenbringen aufwendig recherchierter Dokumente sowie in Gesprächen mit Ehemaligen, mit Anwälten und Staatsschutz entwickelt Kroske ein präzises Bild - nicht nur des SPK, sondern der gesellschaftlichen Zustände, die im Deutschen Herbst mündeten. Sebastian Gebeler


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