anzeige
anzeige
Anna Sperk: Die Hoffnungsvollen

Anna Sperk: Die Hoffnungsvollen

Anna Sperk: Die Hoffnungsvollen. 544 S.

Eine ostdeutsche Universitätsstadt in den neunziger Jahren. Die Abiturientin Alexandra steht vor einer Entscheidung: Soll sie, wie schon ihre Eltern, Informatik studieren? Oder doch lieber, ihrer Leidenschaft folgend, Ethnologie? Anna Sperks Debütroman »Die Hoffnungsvollen« entwirft ausgehend von dieser unscheinbaren Szene das Panorama einer Generation, die an der vorgeblichen Freiheit und Offenheit des universitären Systems scheitert. Die Protagonistin entscheidet sich für die Ethnologie und begibt sich damit auf einen akademischen Lebens- und Leidensweg, den Sperk minutiös in all seinen Irrungen und Wirrungen schildert. Ihrem Schreibstil merkt man an, dass Sperk als promovierte Ethnologin in einem anderen Bereich als dem der Literatur heimisch ist. Die Sprache des Romans ist simpel und funktional, manchmal klischeehaft, selten überraschend. Auch die Handlung folgt eher der Logik eines Lebenslaufes als der eines ausgeklügelten Plots. Was diese Schwachstellen aber mehr als aufwiegt, ist die Dringlichkeit und Energie, mit der hier erzählt wird. Die Geschichte von Alexandra, die vom Studium bis zum prekären Dasein als Wissenschaftlerin und Mutter auf über 500 Seiten ausgebreitet wird, ist von einer lebensweltlichen Authentizität, die den Erzeugnissen der Gegenwartsliteratur oft genug abgeht. »Die Hoffnungsvollen« ist ein schwarzer Bildungsroman über eine Zeit, in der Bildung nicht mehr nur sozialen Auf-, sondern auch Abstieg bedeuten kann. Hoher Konkurrenzdruck, befristete Verträge, Abbau von Stellen, drohende Arbeitslosigkeit – all das stellt Sperk mit bedrückendem Realismus dar, dem man die Erfahrungen aus erster Hand anmerkt. Auch wenn die Kritik am deutschen Wissenschaftssystem teilweise etwas phrasenhaft und redundant gerät, ist der Roman doch ein kurzweiliges und hochaktuelles Porträt einer Gesellschaft, die ihre besten Köpfe in den Mühlen der Universitäten zu zermalmen droht. Philipp Hartmann


Weitere Empfehlungen